Public Money - Public Code

2023, EGovernment Podcast
EGovernment Podcast
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Die Free Software Foundation Europe setzt sich sehr stark für freie und Open Source Software ein und unterstützt durch ihre Arbeit deren Verbreitung. Mit "Public Money - Public Code" informiert und stärkt sie auch den Einsatz von freier und Open Source Software in der öffentlichen Verwaltung und unterstützt die Forderungen, dass öffentlich entwickelte und finanzierte Software als Open Source veröffentlicht werden soll. Kommentare  unter: https://egovernment-podcast.com/egov139-fsfe-pmpc/

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Transcript


Torsten:
[0:37] Ja hallo und herzlich willkommen zur 139. Ausgabe des E-Government Podcasts.
Ich bin Thorsten Frenzel und ich habe heute zu Gast bei mir im Studio Johannes Nähder. Hallo Johannes, grüß dich.

Gast 1:
[0:50] Hallo Thorsten, vielen Dank für die Einladung.

Torsten:
[0:52] Vielleicht erzählst du mal ganz kurz was zu dir, wer bist du, was machst du und dann steigen wir langsam ein.

Gast 1:
[0:57] Ja, ich bin Johannes Nähler, meinen Namen hast du schon gesagt.
Ich bin Policy Project Manager bei der Free Software Foundation Europe, seit einem halben Jahr erst, aber freie Software ist für mich schon sehr, sehr lange ein Herzensthema.
Eigentlich bin ich seit der großen Ubuntu-Welle 2005, 2006 dabei.
Seitdem laufen alle meine Geräte mit freier Software.
Und mir war eigentlich von Anfang an wichtig, dass proprietäre Software mit der fortschreitenden Digitalisierung ein immer größeres Problem für Freiheit und Souveränität als Grundlagen unserer Demokratie ist.
Und die Lösung für das Problem, ja, die ist freie Software. Das ist irgendwie klar geworden.
Ich bin von Haus aus Historiker und Literaturwissenschaftler, habe mich aber schon während des Studiums, ja, habe ich die Kurve genommen und dann ein wissenschaftliches Buch zu Open Access publiziert, also zu wissenschaftlichem Publizieren im digitalen Zeitalter und auch schon da mich mit dem Thema Freisoftware befasst.
Und mein Weg hat mich dann in die Politik geführt.
Ich habe als digitalpolitischer Berater für mehrere Abgeordnete in Sachsen und im Deutschen Bundestag gearbeitet.
Den Slogan Public Money, Public Code, um den es ja heute geht, den gab es 2010 zwar noch nicht, aber ich habe schon damals in Sachsen mit Unterstützung der Free Software Foundation Europe verschiedene parlamentarische Initiativen rund um das Thema auf den Weg gebracht, leider damals aus der Opposition.

[2:16] Randnotiz, vielleicht kommen wir da auch noch drauf zu sprechen.
Jetzt, 13 Jahre später, ist Sachsen ja gerade dabei, sich eine Open-Source-Strategie zu geben.
Wir beobachten das mit Interesse und hoffen, dass darin die richtigen Akzente gesetzt werden.
In den letzten Jahren habe ich einen Ausflug in die historisch-politische Bildung unternommen.
Und ich freue mich sehr, jetzt zurück in der Digitalpolitik zu sein und die Free Software Foundation Europe mit voller Kraft unterstützen zu können.

Torsten:
[2:38] Ja, schön, dass du bei mir bist und wir haben uns ja auch tatsächlich schon mal persönlich getroffen auf interessanter Weise im Open Source Veranstaltung.
Aber was der Unterschied zwischen Open Source und freier Software ist, da kommen wir später noch dazu.
Aber wir steigen jetzt erstmal ein, du hast Free Software Foundation Europe oder FSFE gesagt. Vielleicht erzählen sie mal ganz kurz, was ist denn die FSFE?

Gast 1:
[3:04] Ja, sehr gerne. Die Free Software Foundation Europe, also FSFE, würde ich jetzt vielleicht abkürzen im weiteren Verlauf des Podcasts, ist ein gemeinnütziger Verein, der Menschen im selbstbestimmten Umgang mit Technik unterstützt.
Was bedeutet Selbstbestimmung? Wenn ich einen Vortrag mache mit Folien vor Publikum, dann verweise ich an dieser Stelle ganz gerne auf ein XKCD-Comic, auf dem man die amerikanische Kommandokette sieht. Und da sind ganz unten so verschiedene Hierarchiestufen.
Und ganz oben steht natürlich der amerikanische Präsident, der die Möglichkeit hat, auf den roten Knopf zu drücken.
Die Frage ist dann, und dann poppt das nächste Bild auf, wer hat eigentlich den roten Knopf programmiert?
Also so kann man ganz gut bildlich fassen, was ist Selbstbestimmung im digitalen Zeitalter oder was kann es für Auswirkungen haben, wenn Selbstbestimmung im digitalen Zeitalter nicht gegeben ist?

Torsten:
[3:56] Ich glaube, das Exkarts-CD-Comic müssen wir noch mit verlinken in den Show Notes.

Gast 1:
[3:59] Ja, sehr gerne. Habe ich aber auch geklaut bei einem unserer Mitarbeiter. Eine gute Idee.
Genau, also es setzt voraus, diese Selbstbestimmung, dass Software als Rückgrat von unserem Alltag, unserer Gesellschaft, unserer Demokratie letztlich, auch des Staates und seiner Institutionen frei ist. Was das bedeutet, sprechen wir bestimmt gleich noch drüber.
Das führt dann direkt zu digitaler Souveränität, aber auch darüber werden wir uns bestimmt noch unterhalten.
Die Free Software Foundation Europe als Organisation ist europaweit tätig.
Wir haben da ein breites Europa-Bild.
Also wir sind nicht nur in der EU tätig, sondern in allen Ländern im geografischen Europa.
Wir haben beispielsweise auch Ortsgruppen in Großbritannien und in der Schweiz.
Und wir unterstützen zum Beispiel die Aktivitäten gerade von Ehrenamtlichen in Albanien, die dort die Kommunalwahlen mit einer Public Money, Public Code, ja so fragt ein Abgeordneten-Kampagne, unterstützen.
Unser Büro ist in Berlin.
Wir haben Mitarbeiter, Mitarbeiterinnen in verschiedenen europäischen Ländern und vor allem ein großes Netz von Ehrenamtlichen, die sich in Orts- und Landesgruppen organisieren und regional und auf Landesebene aber auch europaweit aktiv sind.
Und dieses Netz an Freiwilligen, an Ehrenamtlichen ist eigentlich das Rückgrat der FSFE.
Durch sie erfahren wir von regionalen Entwicklungen und wir können auch in der Fläche aktiv sein.

Torsten:
[5:19] Seid ihr ein Verein oder seid ihr eine Lobbyorganisation oder wo kann man euch so einordnen? Wahrscheinlich seid ihr beides.

Gast 1:
[5:26] Richtig, wir sind natürlich beides. Wir sind eine Lobbyorganisation, aber als Rechtsform sind wir ein eingetragener Verein in Deutschland.
Das hängt damit zusammen, dass es zu dem Zeitpunkt, als die Free Software Foundation Europe sich gegründet hat, es noch keine Möglichkeiten gab, europäische Vereine zu gründen. Ich weiß gar nicht, ob das jetzt mittlerweile geht.
Auf jeden Fall sind wir ein in Deutschland eingetragener Verein und diesen Namen Stiftung tragen wir eben.
Aber ein ganz gewöhnlicher Verein mit verschiedenen Aktivitäten.
Ja, vielleicht noch ganz kurz etwas zu unserer Geschichte. Wir sind schon aktiv seit mittlerweile fast 22 Jahren, also gegründet 2001.
Damals noch als Underdog in einer weitgehend durch proprietäre Software aus Redmond bestimmten Welt.
Und seitdem hat sich ja wirklich viel geändert. Also freie Software ist überall in der Gesellschaft angekommen.
Fast jeder verwendet im Alltag freie Software oder zumindest Technologie, die darauf basiert.
Und die Bedeutung freier Software für digitale Souveränität, für nachhaltiges Wirtschaften im IT-Sektor, für den IT-Standort Europa, ist heute vielen Fachleuten, überhaupt vielen Menschen bewusst.
Und aus der Debatte um digitale Souveränität ist freie Software, Open-Source-Software sowieso nicht mehr wegzudenken.

Torsten:
[6:41] Ich habe immer so den Impuls gerade Open Source Software zu sagen überall, wo du Freie Software sagst.
Vielleicht müssen wir jetzt erstmal den Abzweig nehmen. Kannst du mal den Unterschied erklären zwischen Open Source Software und Freier Software?

Gast 1:
[6:51] Soll ich erstmal erklären was aus meiner Sicht Freie Software ist?

Torsten:
[6:53] Genau.

Gast 1:
[6:54] Dann wird es vielleicht einfacher. Ja genau. Ja also wenn ich von Freier Software rede oder wir als FSFE von Freier Software reden, dann meinen wir damit Software, die unter bestimmten Lizenzen veröffentlicht ist, die alle gemeinsam haben, dass sie vier Freiheiten einräumen, nämlich die Freiheit, die Software zu verwenden, zu verstehen, zu verbreiten und zu verbessern.
Klingt erst mal ganz simpel und einfach. Und das ist es eigentlich auch.
Also verwenden bedeutet, freie Software darf für jeden Zweck von jeder genutzt werden. Es gibt keinerlei Einschränkungen, wie zum Beispiel Ablauf einer Lizenz oder willkürliche geografische Beschränkungen.
Verstehen heißt, free Software Code darf ohne Einschränkung von allen untersucht werden. Also der Code muss öffentlich einsehbar sein.
Es gibt dabei also auch keine Vertraulichkeitsvereinbarung. Genau der Quellcode muss eben offen liegen. Also es...

[7:47] Bringt nichts, wenn ich einen Binärcode, Binary irgendwie habe, sondern ich brauche den Quellcode dafür. Das ist ganz wesentlich.
Drittens verbreiten. Freie Software darf immer kopiert und weitergegeben werden.
Das kann kostenfrei sein, das kann und darf auch gern aber gegen Geld sein, wenn ein entsprechendes funktionierendes Geschäftsmodell existiert.
Und ja, natürlich kann man mit freier Software Geld verdienen.
Hunderttausende Entwicklerinnen, Entwickler und Firmen weltweit tun das.
Und die vierte Freiheit, das ist die Freiheit, den Code zu modifizieren und im besten Falle natürlich zu verbessern. Man kann ihn auch verschlechtern, aber in der Regel wird er besser.
Und diese Verbesserungen dürfen natürlich auch weitergegeben werden.
Diese Freiheiten, die müssen im Fall von freier Software oder Open-Source-Software immer durch eine Lizenz garantiert werden.
Damit es freie Software ist, müssen also alle vier Freiheiten erfüllt sein.
Es genügt nicht, wenn es nur drei sind. Das ist ganz wesentlich.
Die Die bekannteste Lizenz ist die GPL, die General Public License.
Es gibt aber viele, viele weitere Listen davon gibt es zum einen von unserer Schwesterorganisation der Free Software Foundation, die in den USA ansässig ist und auch von der Open Source Initiative und vom Debian Project.
Das sind also die drei gültigen Organisationen, die Listen herausgeben, was letztlich welche Software Lizenzen, freie Software ermöglichen.

Torsten:
[9:08] In der öffentlichen Verwaltung verwenden wir ja sehr gern die EUPL, vor allem die EUPL 1.2.
Zählt die auch zu freier Software oder ist das nur in Anführungsstrichen Open Source?

Gast 1:
[9:21] Ja es ist freie Software, ja es zählt zu Open Source.
Genau, ja zu der Frage, ich sehe schon du möchtest immer darauf hin, was ist der Unterschied zwischen freier Software und Open Source?

Torsten:
[9:33] Genau, weil wenn wir schon daran sprechen, also ich bin ein ganz großer Open Source Befürworter und ich unterstütze Open Source in allen Bereichen, wo es nur so geht, aber dann kommt so ein neuer Begriff freie Software um die Ecke und da müssen wir schon mal einen Unterschied irgendwie erklären, was da der Unterschied ist.
Wahrscheinlich ist es relativ schwierig das zu erklären.

Gast 1:
[9:52] Das ist gar nicht so schwierig, denn ja, also eigentlich ist es, ich will jetzt nicht sagen, es ist so lapidar, es ist das Gleiche.
Ich erkläre ganz kurz, warum es nicht das Gleiche ist und dann eben doch.
Du hast schon gesagt, ein neuer Begriff. Nein, freie Software ist eigentlich der ältere Begriff.
Er ist schon, oh, ich rechne jetzt. Also ist von 1986 und wurde damals von der, also zusammen mit der Free Software Definition geprägt und eben definiert durch diese vier Freiheiten, die ich gerade genannt habe.
Das macht die Free Software Definition aus.
Der Begriff Freie Software stellt ja den Kern der Idee der Freiheit ins Zentrum.
Dabei geht es sowohl um individuelle Freiheit, also sowohl von Entwicklerinnen als auch von Nutzenden, als auch um gesellschaftliche und politische Freiheit.
Durch die vier Freiheiten, die jede Nutzerin, jeder Nutzer von Freie Software hat, wird die Freiheit der Gesellschaft als Ganzes gestärkt.
Das ist also bei dem Begriff freie Software so ins Zentrum gerückt.
Der Begriff Open Source ist ein bisschen jünger. Der stammt von der Open Source Initiative, die 1998 als letztlich Marketing Kampagne für freie Software gegründet worden ist.
Damals war das Ziel von der Open Source Initiative und den Leuten dahinter, die praktischen Vorteile und das Entwicklungsmodell von freier Software in den Vordergrund zu stellen und eben einen bisschen handlichen Begriff zu haben.

[11:14] Wir als Free Software Foundation Europe sind überzeugt, dass freie Software der bessere Begriff ist, weil er daran erinnert, worum es letztlich geht, Menschen zu ermächtigen, selbstbestimmt mit Software umzugehen, digitale Technologie zu kontrollieren.
Aber welchen Begriff man nutzt, du sagst Open Source, ich sage freie Software, ist für viele der großen Free Software Community letztlich eine Sache der Gewohnheit und für einige eben auch eine Frage der Werte.
Möchte man eher diese individuelle gesellschaftliche Freiheit betonen oder eher die praktischen Vorteile?
Aber für viele spielt das auch gar keine Rolle an der Stelle, sondern es ist eine Gewohnheitssache und man sollte eben auch nicht vom verwendeten Begriff auf die Motivation schließen.

[11:52] Es gibt dann ja noch so Begriffe wie, bevor du mich danach fragst, wie FOSS und FLOSS, also Free Open Source Software oder Free Libre Open Source Software.
Manche Leute verwenden das, um Neutralität zu demonstrieren oder um zu zeigen, dass sie diese ganze Debatte ja sinnlos finden und hier gar keinen Konflikt sehen.
Letztlich ist es aus meiner Sicht nicht ganz so sinnvoll, für gleichen Ideen immer neue Begriffe zu verwenden, denn es kann auch verwirrend sein und dazu einladen, immer nach Unterschieden zu suchen, wo keine sind.
Ja, dass Open Source und Freie Software letztlich die gleichen Dinge meinen, eben doch.
Das zeigt ein Blick in die Lizenzlisten, die ich eben schon erwähnt habe von der FSF, Free Software Foundation, der Open Source Initiative.
Die sind nämlich fast immer einer Meinung hinsichtlich der Frage, ob eine Lizenz diese vier Freiheiten erfüllt.
Noch eine Anmerkung, was auch oft zu Verwirrung führt. Es kommen Leute auf die Idee, dass es verschiedene Unterscheidungskriterien gibt. Zum Beispiel es gibt schwächere und stärkere Lizenzen. Ich weiß nicht, ob ich da auch noch was dazu sagen soll.

Torsten:
[12:55] Immer gerne, Lizenzen sind so ein großes Thema.
Vielleicht muss ich da auch nochmal eine extra Sendung zu machen zur Open Source Lizenzen, weil das ist, das hat mal ganz einfach angefangen und inzwischen gibt es so viele Lizenzen, die untereinander kompatibel sind und Copy Left, Copy Right und so weiter.
Also das hat inzwischen Ausmaße angenommen, dass man das so einfach gar nicht mehr überblicken kann.

Gast 1:
[13:18] Ich könnte gerne für den Podcast an unser Licensing-Team empfehlen.
Die machen da bestimmt gerne mit.
Ja, zu dem Thema Copyleft. Es gibt eben innerhalb der Free-Software-Lizenzen einige, die haben das sogenannte Copyleft.
Das bedeutet, dass wenn man den Code weitergibt oder Code verwendet, selber nutzt, weitergibt, dass er immer wieder unter der gleichen Lizenz stehen muss.
Das meint den Begriff Copyleft, oder dass zumindest die gleichen Rechte ja gewährleistet sein müssen und es gibt andere Lizenzen, die haben das nicht.
Das sind die schwächerschützenden Lizenzen, die kann ich einfach verwenden und kann sie auch in mein proprietäres Projekt einbauen und brauche sie dann, ja, hab da kein Problem damit.

Torsten:
[14:02] Also die Copy Left sind quasi so wie Share-A-Like Lizenzen von Creative Commons Share-A-Like.

Gast 1:
[14:08] Genau, das ist sehr ähnlich, ganz genau.

Torsten:
[14:10] Um es nochmal zu betonen, der Podcast erscheint auch unter einer CC-BiSA-Lizenz.

Gast 1:
[14:15] Sehr gut. Ja, genau. Also das ist eben aber kein Unterschied, um freie Software von ProPrietär-Software abzugrenzen oder um freie Software von Open Source abzugrenzen, sondern beides zählt als Free- und Open-Source-Software.
Das Gleiche gilt für das Entwicklungsmodell. Also ob ich jetzt meine Software zu Hause an meinem PC ohne Internetzugang fertig programmiere und dann am Ende irgendwo die fertige Software online stelle und niemand hat dabei mitgemacht oder ob ich ja Coding in the Open zusammen mit einem Team, zusammen mit der Community entwickle.
Das ist auch kein Unterschied. Beides kann freie Software sein.
Nur der Code muss eben am Ende verfügbar sein, der Quellcode.
Und auch die Monetarisierbarkeit ist kein Unterschied zwischen Open Source und freier Software.

Torsten:
[14:57] Ich glaube, das müssen wir auch noch mal ganz deutlich betonen.
Das ist ja ein Podcast für die öffentliche Verwaltung, der auch vielen in der öffentlichen Verwaltung gehört wird.
Open-Source-Software und freie Software, das heißt nicht, dass die komplette Software irgendwie von irgendeiner virtuellen Community oder in irgendeiner virtuellen Community entwickelt wird, das kann auch eine Entwicklungsfirma machen, nur am Ende, wenn ich das Ding veröffentlichen kann, kann ich das Ding veröffentlichen, den Code, und dann kann sich eine Community drum kümmern oder auch nicht, oder auf jeden Fall hat jeder Einblick in den Code.
Also es heißt nicht, dass eine Software automatisch von irgendeiner Community entwickelt wird, sondern die Community bildet sich und da habe ich großes Glück, wenn sich eine Community bildet, dann habe ich nämlich eine Software entwickelt, die auf Interesse stößt.

Gast 1:
[15:44] Absolut richtig. Also in vielen Fällen ist es eben heute so, dass überhaupt nicht irgendwelche Hobbyprogrammierer-freie-Software-Projekte, das gibt es auch oft, das ist auch sehr schön, dass es das nach wie vor gibt, aber in den meisten Fällen sind es eben nicht Hobbyprogrammierer oder in vielen Fällen sind es nicht Hobbyprogrammierer, sondern es sind Angestellte von Firmen, es sind Firmen, die Software entwickeln und die nachher als freie Software unter einer entsprechenden Lizenz veröffentlichen.
Und ja, das ist sicherlich ein Punkt, wo möglicherweise ein falsches Bild auch ein Stück weit in der Öffentlichkeit existiert.

Torsten:
[16:17] Genau, also Open Source und Free und Open Source ist nicht Hobbyprogrammiert.

Gast 1:
[16:22] Absolut nicht, nein. Nicht nur, kann auch Hobbyprogrammieren sein.

Torsten:
[16:26] Ja, kann auch, aber professionelle Software kann auch Hobbyprogrammiert sein und das heißt auch noch lange nicht, dass sie gut ist.
Also wenn ich da in die öffentliche Verwaltung schaue, was ist da für winzig kleine Unternehmen mit ein, zwei Mann Software-Entwicklungshäuser, die Software für ganze Kommunen und Städte entwickeln.
Also das ist nicht besser oder schlechter als Open Source.
Wahrscheinlich hat man hier sogar eher das Problem, dass diese Closed Source Systeme, sobald es die Firma nicht mehr gibt, komplett lost sind.
Das hat man halt bei Open Source nicht.
Aber dann gehen wir mal weiter, wieder zurück zur FSFE.
Wir hatten jetzt schon, was die FSFE alles so macht, eure Themenfelder, die ihr abdeckt.
Da bist du mit einem superschnellen Ritt durchgegangen.
Unterschiede haben wir und jetzt ein ganz wichtiges Thema, weil wir sprechen über die öffentliche Verwaltung und Open Source in der öffentlichen Verwaltung.
Ihr habt einen Claim, der heißt Public Money, Public Code.

Gast 1:
[17:26] Darf ich nochmal tatsächlich zurück, also wir machen nicht nur Public Money, Public Code. Ich kann nochmal kurz was dazu sagen.

Torsten:
[17:32] Vollkommen klar, das ist nur ein Claim, der überall auftaucht.
Aber gerne nochmal zurück zu dem Thema, was du noch ansprechen wolltest.

Gast 1:
[17:40] Als Free Software Foundation Europe haben wir dieses Thema Public Money, Public Code, was für uns ganz wichtig ist im Moment.
Das ordnet sich ein in eine unserer, wir haben nämlich so drei Säulen, in eine der drei Säulen, die eine davon ist die Policy-Arbeit, politische Interessenvertretung, Lobby-Arbeit, versuchen auf allen Ebenen Politik zu beeinflussen, ins Gespräch zu kommen, uns den Stellungnahmen zu äußern, Anhörungen und so weiter. Es gibt daneben auch Öffentlichkeitsarbeit.
Wir versuchen also auch Menschen das Konzept von freier Software zu erklären, warum es gut ist, sie zu nutzen und voranzubringen.
Da gibt es einige ganz schöne Projekte. Also das will ich zumindest mal erwähnt haben in der Stelle. Vielleicht ja auch interessant für den oder die eine oder andere Zuhörerin.
Ein Projekt, was wir machen, an die Öffentlichkeit gerichtet, ist der I Love Free Software Day jedes Jahr, wo man die Möglichkeit hat, Danke zu sagen.
Leider kann man jetzt nicht sehen, hier hinter mir hängt das entsprechende Plakat.
Ich glaube, bei dir im Büro auch.

Torsten:
[18:38] Bei mir im Büro hängt es auch da.

Gast 1:
[18:40] Genau. Danke zu sagen an die Entwicklerinnen und Entwickler, die bestimmte Projekte entwickeln, bestimmte Softwares entwickeln.
Und es gibt zum Beispiel auch Youth Hacking for Freedom. Das haben wir seit zwei Jahren. Das ist ein Wettbewerb, der sich an Jugendliche richtet im Alter von 14 bis 18 Jahren, die wir dazu motivieren wollen zu hacken und zwar ihre Projekte am Ende als freie Software zu publizieren.
Europaweit, wir hatten letztes Jahr den ersten Durchlauf, der zweite läuft jetzt gerade und es gab am Ende ein großes Treffen mit einer Preisverleihung in Brüssel, einem sehr schönen Ort, einem sehr schönen Ambiente und es sind sehr tolle Projekte auch dabei herausgekommen.
Beispielsweise der Gewinner hat dort eine Software programmiert, AI basiert, in Echtzeit Zeichensprache transkribieren kann.
Und das tatsächlich ein Jugendlicher in seiner Freizeit. Das ist also so auch etwas, was wir machen. Daneben haben wir dann noch unser, das habe ich gerade schon erwähnt, Legal- und Licensing-Team.
Unser Legal-Team, das sich mit Lizenzfragen beschäftigt, rechtlichen Support gibt und das Legal-Network administriert und betreibt und den Legal-Licensing-Workshop Jahr veranstaltet.
Das sind also Experten im Bereich Lizensierung.
Insgesamt verstehen wir uns auch so als Hub, als Vernetzungsplattform.
Wir wollen also Informationen bereitstellen und Akteure, Akteurinnen aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft, Zivilgesellschaft vernetzen und für einen Wissenstransfer sorgen.

Torsten:
[20:06] Ja ihr habt noch andere coole Projekte, ich bin gerade hier auf der Seite, Reuse Software, Router Freedom, Upcycling Android, ich picke jetzt einfach nur mal so ein paar raus, oder Free Your Android.

Gast 1:
[20:18] Geräteneutralität ist gerade so ein ganz wichtiger Punkt, kann ich vielleicht auch noch einen Satz dazu sagen.
Das große Thema, dass wir zunehmend viele Geräte haben, auf denen ich überhaupt nicht die Software installieren kann, die ich installieren möchte, weil sie gelockt sind.
Und wir haben dort die Forderung, dass wir das Recht haben sollten, unser Betriebssystem und die Software für unsere Geräte frei zu wählen, entscheiden, mit welchen Diensten wir sie verbinden, dass dort interoperable mit offenen Standards kompatible Geräte der Standards sind, immer Quellcodes auch von Treibern und von Tools und Schnittstellen veröffentlicht sind und ich die volle Nutzerkontrolle über meine Daten habe.
Das ist also so ein Projekt, was auch zunehmend wichtig wird und was jetzt gerade läuft.

Torsten:
[20:57] Ja, auch das Thema Reuse-Software ist, finde ich, auch eine interessante Geschichte, wahrscheinlich für die öffentliche Verwaltung eher nicht so geeignet, aber ansonsten ein cooles Thema.

Gast 1:
[21:08] Ja, da geht es darum, Lizenzierung für Menschen und Maschinen einfach zu machen.
Also dieses Riesenthema, welche Lizenz wähle ich, wie lege ich das nieder, mit welcher Lizenz bestimmte Dateien veröffentlicht sind, so dass das auch später noch weiter genutzt werden kann das eben mit einem sehr einfachen Prozess zu begleiten dafür machen wir Workshops es gibt Tools dafür kann man auf unserer Seite gerne Blick drauf werfen.

Torsten:
[21:28] Genau aber jetzt wir sind öffentliche Verwaltung Public Money Public Code damit seid ihr nun mal bekannt geworden deswegen muss ich einfach drauf eingehen und das ist auch so ein bisschen wie ein Schreckgespenst was in der in der öffentlichen Verwaltung so rumgeistert, hohe hilfe wenn ich jetzt was entwickeln lasse und das ganze open source oder muss ich ja mein ganzes geld dafür ausgeben und dann ist es open source und dann können.
Fremde reinschauen dann können sie inspektors einbauen und was weiß ich was alles und deswegen ist es auch einer der gründe warum ich dich eingeladen habe weil wir einfach ich will einfach dieses schreck gespenst public money public code ich will dem schrecken nehmen weil es ist was gutes und es ist was.
Was wir eigentlich immer mitdenken müssen. Weil schließlich ist in der öffentlichen Verwaltung, jeder Euro, den die öffentliche Verwaltung ausgibt, ist unser Geld. Wir zahlen alle Steuern und, Dadurch kann die öffentliche Verwaltung auch leben und solche Software beauftragen.
Das heißt, mit unserem Geld finanzierte Software sollte natürlich auch open source sein, soweit es möglich ist.

Gast 1:
[22:31] Richtig, damit hast du mir schon gewissermaßen unseren Claim vorweggenommen, also unser Ziel dieser Kampagne.
Oder eigentlich reden wir an der Stelle nicht so gern von einer Kampagne, sondern eher von einer Initiative oder einem Framework, weil sich so ganz unterschiedliche Aktivitäten darunter gruppieren lassen.
Und wenn man Kampagne sagt, dann denken gerade Politiker immer, jetzt kommt die FSFE und versammelt hunderttausend Menschen vor dem Brandenburger Tor.
Also ein Druck von der Straße ist ja vielleicht an der Stelle hier nicht das Mittel der Wahl unbedingt.
Also deswegen Initiative Public Money, Public Code. Wir wollen rechtliche Grundlagen, die es erfordern, dass mit öffentlichen Geldern für öffentliche Verwaltungen entwickelte Software unter einer freien Software und Open Source Lizenz veröffentlicht wird.
Wenn es sich um öffentliche Gelder handelt, sollte auch der Code öffentlich sein.
Von allem bezahlter Code sollte für alle verfügbar sein. Das ist also unser Mission Statement an der Stelle von dieser Initiative.
Ich meine, diese Forderung, Public Money, Public Code, haben wir als FSFE, und es gibt es, wie gesagt, seit über 20 Jahren eigentlich schon immer irgendwo gehabt, und von Anfang an versucht, öffentliche Stellen davon zu überzeugen, Free Software zu nutzen und zu beschaffen.
Für uns ist ganz wichtig dabei, hier gibt es einen einfachen politischen Hebel, Und staatliche Auftraggeber gehören zu den größten Käufern von IT-Technologie.

[23:48] Bis zu ein Viertel ungefähr der Einnahmen von Softwareunternehmen stammen durch öffentliche Aufträge.
Aber wir haben eben irgendwann gemerkt, dass wir eine dedizierte Initiative dafür brauchen und kamen auf die Idee von dieser Initiative.
Die gibt uns die Möglichkeit, mit Entscheidungsträgerinnen direkt zu sprechen, mit Menschen aus der Verwaltung auch in Kontakt zu treten und ihnen ganz direkt zu erklären, was gut ist.
Das machen wir jetzt hier gerade. Also das ist genau das, was wir beide hier gerade tun und warum es sinnvoll ist, dass sie freie Software nutzen sollten, schreiben sollten, publizieren sollten und auch, wie sie es tun können und wie sie dahin kommen können.
Wir zielen damit nicht nur auf Deutschland, sondern auf ganz Europa und auf alle Ebenen.
Kommunalebene, Länderebene, nationale Ebene und europäische Ebene.
Du hast ja schon gesagt, Public Money, Public Code ist ein geflügeltes Wort geworden. Dieser Slogan ist in aller Munde. Das ist auf jeden Fall ein Erfolg dieser Initiative.
Wir haben auch einen Open Letter, der 35.000.

[24:42] Individuelle Unterschriften hat bisher. 200 Organisationen haben den unterzeichnet und auch schon sieben Verwaltungen aus mehreren europäischen Ländern.
Und es gibt mittlerweile eben auch Beschlüsse auf EU-Ebene, zum Beispiel die Open-Source-Strategie der Europäischen Kommission und an immer mehr Orten in Europa, die diesen Public Money, Public Code, teils mit dem Slogan, teils ohne den Slogan, aber den Gedanken davon eigentlich für ihre entsprechende Verwaltung implementieren wollen.
In Deutschland, kleine Sidenote, hat zum Beispiel die CDU als Partei 2019, ich weiß, in unserem Vorgespräch warst du davon etwas überrascht, hat die CDU 2019 auf ihrem Parteitag ein Commitment für Public Money, Public Code beschlossen.
Vielleicht können wir das auch noch für die Shownotes raussuchen.

Torsten:
[25:28] Das wäre sehr interessant.

Gast 1:
[25:29] Genau. Und die Ampel, aber das ist eben gut. Also ich meine, dass dieses Thema nicht irgendwo an eine politische Seite gebunden ist, nicht an eine politische Partei gebunden ist, sondern das Thema ist entpolitisiert.
Über alle politischen Grenzen hinweg können wir.
Erklären und können wir vermitteln, warum es sinnvoll ist, freie Software zu nutzen, warum es sinnvoll ist, in der Verwaltung in Richtung digitaler Souveränität mit freier Software zu gehen. Und das ist, glaube ich, ein ganz großer Erfolg dieser Kampagne.

[26:01] Die Ampel-Koalition hat jetzt in ihrem Koalitionsvertrag ja auch angekündigt, digitale Souveränität zu stärken und bei Beschaffung und Eigenentwicklung in erster Linie auf freie Software zu setzen.
Ich meine, dass es so einen Beschluss in einem Koalitionsvertrag gibt an sich, ist natürlich schon eine gute Sache, dass da noch Schritte folgen müssen.
Da können wir auch gerne später noch mal drüber reden. Ja, was wir machen mit dieser Initiative, es gibt eine Broschüre.
Das ist jetzt vielleicht tatsächlich auch sehr interessant für einige Zuhörerinnen, Zuhörer, die wir veröffentlicht haben. Die gibt es in gedruckter Form, kann man bei uns kostenlos beziehen, auch gerne zum Weitergeben oder man kann sie als PDF auf unserer Seite wieder in den Shownotes herunterladen.
Diese Broschüre richtet sich an Politik und Verwaltung, also speziell dafür entwickelt. Darin gibt's Best Practices.
Es gibt Erfahrungen, es gibt Erfolgsgeschichten von anderen Institutionen, Verwaltung, Definitionen, Argumente, auch Infos über wirtschaftliche Relevanz von freier Software.
Thema Ausschreibung kommt dort vor. Eigentlich insgesamt so ein super Tool, um einen Einstieg in das Thema zu finden und auch Menschen zu überzeugen, die vielleicht noch nicht überzeugt sind.

Torsten:
[27:05] Also die Broschüre kann ich sehr empfehlen. Ich habe die auch schon bestellt.
Ich habe die auch schön verbreitet überall, wo es so ging.
Also das lohnt sich und es macht auch Spaß diese Broschüre zu lesen.

Gast 1:
[27:17] Es gibt eine Landingpage, eine Webseite Public Code EU, auch bestimmt dann in den Shownotes.
Die gibt es in vielen verschiedenen europäischen Sprachen und auch einigen weiteren Sprachen noch. Darauf gibt es ein Erklärvideo, wo dieses Public Money, Public Code sehr griffig erklärt ist in drei Minuten.
Auch das in verschiedenen Sprachen. Wir haben Kampagnenmaterial.
Ja, und wir versuchen eben mit dieser Initiative so ein Netzwerk und ein Hub für Community, für Stakeholder, für öffentliche Verwaltung zu sein, damit sie miteinander in Kontakt treten, voneinander lernen und von der Nutzung von Freisoftware-Projekten profitieren und eben nicht sich alleingelassen fühlen mit diesem großen Anspruch, jetzt müssen wir alles public code machen und sind dabei ganz allein.
Sondern es geht uns darum, dass wir die Leute, dass wir die Verwaltungen untereinander vernetzen und sie dazu motivieren auch, sich zu vernetzen, zusammenzuarbeiten.

Torsten:
[28:07] Es ist ja auch so, dass es immer mehr...
Interessenten in der öffentlichen Verwaltung gibt, die sich zusammentun und hier auch am Thema Open Source beziehungsweise offener Software arbeiten.
Es gibt ja auch diese Initiative vom Open Code Repository.
Das ist, finde ich, das ist genau der richtige Einstieg für die öffentliche Verwaltung.
Da ist Open Source Code drin. Für die, die noch ein bisschen ängstlich sind, den Code zu veröffentlichen, kann man das auf Internal stellen.
Das heißt, da können nur angemeldete Interessenten den Code sehen.
Anmelden kann man sich bei Open Code, wenn man Mitarbeiterin oder Mitarbeiter einer öffentlichen Verwaltung ist, da kann man sich da anmelden.
Oder wenn man eingeladen wird in ein Projekt, dann kann man das auch komplett sehen.
Also ich finde hier gibt es schon Fortschritte, die immer mehr Verwaltungen und auch Software-Entwicklungshäuser in der Verwaltung gehen.

Gast 1:
[29:00] Ja, genau. Also Open Code. Gut, dass das jetzt existiert. Wir haben das auch gefordert und wir sind sehr froh, dass ein solches Projekt da ist.
Wäre natürlich noch schöner, wenn es europaweit vielleicht tatsächlich wäre, sodass auch über Grenzen hinweg da Vernetzung und Austausch stattfinden kann.
Aber gut, dass es da ist. Ist wichtig, dass du dafür Werbung machst, dass wir dafür Werbung machen.
Es ist sehr wichtig, dass es aktiv bespielt und genutzt wird von Verwaltung und zwar zum kollaborativen Coding. Coding in the open.
Nicht, dass es am Ende eine Codemüllheide mit lauter fertigen Projekten oder unfertigen Projekten sogar ist.

Torsten:
[29:36] Genau, also man hat sich da ganz intensiv mit Italien ausgetauscht, weil die haben da auch ein ähnliches Projekt.
Also es ist schon ein europäisches Projekt, was abgeleitet wurde, speziell für Deutschland.
Und ich finde das ist echt ein gutes Projekt als reiner Open Source oder Free Software Enthusiast mag man da vielleicht ein bisschen die Nase rümpfen, aber das ist ein hervorragender Anfang.

Gast 1:
[29:59] Ja, das ist es auf jeden Fall. Es bietet noch einen weiteren großen Vorteil, nämlich dass dadurch sichtbar wird.
Das und wie viel Verwaltung tatsächlich in Richtung PMPC gehen.
Denn das ist ein ganz großes Thema, dass eigentlich keine Statistiken existieren darüber, wie viel Open Source entwickelt wird, tatsächlich beauftragt wird oder auch eben Inhouse entwickelt wird.
Und das für die Zivilgesellschaft, aber wahrscheinlich auch intern in Verwaltung sehr schwer ist zu monitoren, wie der Fortschritt eigentlich ist in diese Richtung.
Und so ein Open Code Repository kann da eine, ja, kann ein gutes Tool sein, um das ein bisschen besser im Auge behalten zu können.

Torsten:
[30:39] Jetzt muss ich doch noch mal eine Frage stellen, die ist nicht abgestimmt.
Die öffentliche Verwaltung lässt Software entwickeln, die öffentliche Verwaltung entwickelt Software, stellt die Open Source.
Was glaubst du, wie viel Interesse daran ist, sich diese Software genau anzuschauen und vielleicht sogar sich Communities darum bilden, um diese Software weiterzuentwickeln?
Weil die öffentliche Verwaltung ist ja in manchen Bereichen doch schon speziell.

Gast 1:
[31:12] Ja, vielleicht muss man da ein bisschen einen anderen Community-Begriff anlegen.
Vielleicht werden es dann keine Communities sein, wo vielleicht die Studentin oder der Nachbar dran mitcodet, der keinerlei Bezug dazu hat, sondern wo eben Communities sich bilden, die in Verwaltung auf verschiedenen Ebenen, in verschiedenen Kommunen, länderübergreifend zusammenarbeiten an Projekten, die sie alle interessieren, die für sie alle wichtig sind.
Und man muss sich immer wieder vor Augen führen, gerade im Bereich digitale Services, aber auch in anderen Bereichen werden in Verwaltungen oftmals an verschiedenen Stellen gleiche Aufgaben ausgeführt, in verschiedenen Verwaltungen.
Momentan ist es so, wir kaufen dafür Lizenzen.
An vielen verschiedenen Stellen werden die gleichen Lizenzgebühren bezahlt, immer wieder.
Und ja, diese Frage, die naheliegt, ist, warum bildet sich da nicht eine Community, die gemeinsam kollaborativ ein Projekt entwickelt oder vielleicht drei oder vier Projekte entwickelt, die auch dann in Konkurrenz zueinander treten, die aber ja so Community induziert, Community gesteuert, weiterentwickelt werden, aus Verwaltungen heraus und wo es dann eben aber doch viele unterschiedliche Augen gibt, die da einen Blick drauf werfen, die daran mitarbeiten, die ein Interesse haben, dass die Projekte vorankommen.
Das ist so einer der Gedanken von Public Money, Public Code.

Torsten:
[32:33] Ich hätte sogar eine Idee, die ist eigentlich schon öffentlich, für eine tatsächliche Online-Anwendung, die aus der Community oder überhaupt aus der Zivilgesellschaft kommen könnte.
Und zwar Kirchenaustritt online.
Weil Kirchenaustritt haben sich jetzt alle IT-Dienstleister in Deutschland haben sich jetzt dagegen entschieden, weil die Bundesländer zum Großteil verboten haben, den Kirchenaustritt online zu machen. Das widerspricht dem OZG eigentlich.
Aber wenn sowas aus der Community kommen würde, und es ist eigentlich gar kein großer Akt, diesen Kirchenaustritt Onlinedienst zu bauen, sogar komplett in Open Source und frei, dann könnten sich eigentlich die Länder gar nicht mehr gegen wehren, weil die Zivilgesellschaft scheint das ja dann zu wollen. A.

Gast 1:
[33:22] Ja, naja, am Ende ist immer die Frage, natürlich, ob eine Anwendung, die in der Zivilgesellschaft entwickelt wird, dann in Behörden zum Einsatz kommt.
In der Politik gibt es da gerade an dieser Stelle bestimmt viele Vorbehalte dagegen, aber wer weiß was passiert.

Torsten:
[33:39] Genau, also wenn es da Interessenten gibt, gerne mir einen kurzen Ping geben, ich hätte da Ideen.

Gast 1:
[33:45] Okay, mein Beispiel wäre jetzt übrigens die Hundesteuer gewesen.

Torsten:
[33:49] Ja, wobei die Hundesteuer tatsächlich etwas Komplexes ist, weil es in jeder Gemeinde oder jeder Kommune unterschiedlich geregelt sein kann.
Da gibt es kein einheitliches Bundesrecht. Es kann in jeder Gemeinde unterschiedlich geregelt sein. Es gibt sogar Gemeinden, da gibt es gar keine Hundesteuer.
Es gibt Gemeinden, da fällt die Hundesteuer für Tierheimhunde nicht an.
Es gibt Gemeinden, da ist die Hundesteuer komplett unterschiedlich nach Alter, Größe, Gewicht. Es gibt verschiedene Einstufungsmöglichkeiten.
Also Hundesteuer ist leider etwas komplexer.

Gast 1:
[34:21] Ich hätte jetzt Nachfragen dazu, aber ich glaube, das verschieben wir auf einen anderen Zeitpunkt.

[34:27] Genau, also ein paar Argumente, warum dann doch vielleicht Public Money, Public Code eine gute Sache ist für Verwaltungen in Deutschland und in Europa.
Also was der Vorteil sein könnte bei allen Vorbehalten, die so, tatsächlich hast du ja gesagt, es existieren Ängste, aber bei allen Vorbehalten, was dann doch aus unserer Sicht die Gründe sind, warum das unbedingt sinnvoll ist.
Wenn ich proprietäre Software nutze, dann ist Interoperabilität nur garantiert, solange ich mich im Ökosystem von einem proprietären Hersteller bewege.
Der Wechsel zu anderen Herstellern wird in der Regel schwer gemacht, wird außerdem durch Kosten und Laufzeit von Lizenzen erschwert?
Und deswegen entsteht diese Herstellerabhängigkeit der Vendor-Login, wie das gängigerweise heißt.
Freie Software und offene Standards ermöglichen Interoperabilität, und zwar über Institutionen hinweg, über Systeme, über Versionen hinweg, also auch in zeitlicher Perspektive, aber auch in geografischer Perspektive.
Und das ist die Voraussetzung für Unabhängigkeit und die Vermeidung von einem Vendor-Login und letztlich dadurch auch ein Grundpfeiler für digitale Souveränität.

[35:41] Also das ist, glaube ich, auf jeden Fall ein starkes Argument für Public Money, Public Code.
Kollaboration habe ich schon erwähnt. Öffentliche Verwaltungen können zusammenarbeiten und können Software ausschreiben oder entwickeln, die auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist.
Ich muss also nicht eine Software-Lizenz kaufen wegen eines Features, was ich brauche, wo aber dann noch viele, viele andere Features dabei sind.

Torsten:
[36:03] Das Schöne ist, Open Source Software muss ja noch nicht mal als Software ausschreiben.
Open Source Software schreibe ich einfach nur die Dienstleistung aus, mir diese Software zu betreiben oder diese Software zu entwickeln.
Also ich muss keine Software ausschreiben. Ich muss nicht Betriebssystem Windows ausschreiben, sondern ich schreibe aus, ich brauche ein Betriebssystem, auf dem das und das läuft und das muss von irgendjemandem supportet werden.
Wir wollten explizit das ganze Thema Beschaffung außen vor lassen, weil der aufmerksame Zuhörer und die aufmerksame Zuhörerin hat die vorhergehende Folge gehört, wo es ganz explizit um Beschaffung und Open Source ging.
Deswegen lassen wir das Thema hier konkret aus. aus.

Gast 1:
[36:40] Nochmal zurück zu Kollaboration und zu Kooperation. Diese Art von Kooperation ist für viele öffentliche Verwaltungen glaube ich immer noch etwas Neues.
Also mit anderen Kommunen, mit anderen Institutionen, insbesondere bei der Entwicklung von Code. Widerspricht mir, wenn du das anders siehst, aber ich würde denken, dass das noch etwas ist, was tatsächlich ja auch vielleicht ein bisschen, Neuland ist, Ängste hervorruft, Unsicherheit, aber gleichzeitig werden die Vorteile von freier Software immer deutlicher in den letzten Jahren in der Debatte und immer mehr Verwaltungen möchten da dann doch sich in diese Richtung bewegen, möchten auch zusammenarbeiten, von anderen lernen, möchten schauen, wie wird woanders vorgegangen, welche Vorteile gibt es.
Wir haben zum Beispiel Anfang Januar eine Veranstaltung gemacht zur Situation in Dortmund, wo gerade große Schritte in Richtung freier Software gegangen werden.
Und dort waren, das war eine Online-Veranstaltung, dort waren 180 TeilnehmerInnen da aus ganz Deutschland, aus Kommunen in ganz Deutschland. Es ging dabei um freie Software in Kommunen. Also das Interesse war riesengroß.

Torsten:
[37:42] Ich war online auch dabei.

Gast 1:
[37:44] Du warst online dabei, okay, sehr schön.

Torsten:
[37:45] Und mit Dortmund muss ich gleich wieder, shameless self plug, habe ich natürlich auch einen Podcast gemacht zu dem Thema.

Gast 1:
[37:51] Ja, das habe ich auch gesehen. Den habe ich auch tatsächlich noch nicht angeschaut, aber das steht auf meiner Liste.

Torsten:
[37:56] Da geht es nur um Tomaten.

Gast 1:
[37:58] Genau, deswegen will ich ihn viel mehr anschauen. Ja, und wenn man sich vorstellt, wenn diese Effekte und das Einer-für-Alle-Prinzip erst einmal voll zum Tragen kommen, dann ermöglicht uns Public Money, Public Code wirklich nachhaltige IT-Entwicklung und wir müssen nicht ständig das Rad neu erfinden.
Und gerade im kommunalen Bereich, haben wir ja gerade schon gesagt, sind es dann doch oftmals sehr ähnliche Prozesse und Services, die digital abgebildet werden müssen.

Torsten:
[38:23] Und vielleicht probieren wir mal ein Gedankenexperiment zu dem Thema Open Source.
Also wenn ich auf Widerstände stoße, dann frage ich immer, was sind denn eure größten Ängste bei einem bestimmten Thema.
Hier gern, wenn du dazu bereit bist und Lust drauf hast.
Was wäre denn der worst case, wenn die öffentliche Verwaltung jetzt auf Open Source oder freie Software oder Open Source Software setzen würde?
Was wären denn die schlimmsten Dinge, die passieren könnten?

Gast 1:
[38:55] Das ist ja sehr gemein, mich das zu fragen. Die schlimmsten Dinge, die passieren können, glaube ich, dass es tatsächlich Ängste gibt, die einen fortkommend verhindern.
Ich glaube, das führt ja dahin, dass aus meiner Sicht diese Ängste eigentlich nicht in der Realität begründet sind.

Torsten:
[39:15] Schauen wir uns doch mal das Thema Lizenzen an. Wenn ich mir Software einkaufe, dann muss ich eine Lizenzgebühr bezahlen.
Entfällt bei Open Source Software.
Also das heißt ich habe auch gar nicht die Angst, dass die Lizenzgebühren erhöht werden, wie uns verschiedenste Hersteller von Propeller Software ja jedes Jahr vormachen und die Rechnungen jedes Jahr für die Verwaltungen erhöhen.
Was auch passieren kann, ob proprietäre Software, gerade wenn es kleine Unternehmen sind, ist in der öffentlichen Verwaltung ganz gang und gäbe, dass es kleine Unternehmen, ich hatte es vorhin schon gesagt, so zwei, drei, fünf Mitarbeiter, wenn die Firma pleite geht, wird die Software nicht mehr weiterentwickelt, nicht mehr gewartet, nicht mehr gepflegt.
Vielleicht kann sie auch nicht mehr betrieben werden.
Fällt bei freier Software, Open Source Software eigentlich weg, weil wenn der Code offen ist, kann ich als öffentliche Verwaltung hingehen und sagen, ich suche mir jemanden, der mir das Ding weiterentwickelt, der mir das Ding, die Software weiter pflegt und auch weiter betreibt.

Gast 1:
[40:19] Ja ganz richtig und du weißt schon richtig darauf hin, das sind dann eben auch oftmals kleine mittlere Unternehmen, KMUs, vielleicht sogar lokale Unternehmen, die sowas machen können. Also das heißt letztlich ergibt sich auch daraus ein positiver Effekt für die lokale Wirtschaft.

Torsten:
[40:34] Großes Thema, wenn der Code offen liegt, dann kann ja jeder reingucken und der sieht genau die Schwachstellen und Sicherheitslücken.

Gast 1:
[40:43] Naja, bei proprietärer Software können natürlich die Leute, die das wollen, auch, und das tun sie ja auch, ja, entsprechend nicht reingucken, aber Schwachstellen finden und angreifen, ohne dass jemand bemerkt, dass dort eine Schwachstelle existiert, beziehungsweise ohne dass jemand schließt.
Im Fall von Freisoftware ist es so, dass eben dann doch am Ende viele Augen draufschauen können, wenn man denkt, dass vielleicht keine Community existiert, die das tut, dann kann man ein Bug-Bounty ausschreiben oder kann man ein Hackathon ausschreiben oder Hackathon veranstalten, mit dem Ziel, dass eben gezielt Schwachstellen gefunden werden.
Letztlich ist das ein Vorteil. Also letztlich werden Schwachstellen eher entdeckt, eher geschlossen.
Es wird außerdem zum Vertrauen durch die Bürgerinnen und Bürger beitragen, dass sie davon ausgehen können, dass eben keine Backdoors in irgendwelchen Softwares existieren oder keine Sicherheitslücken existieren, wo Daten abfließen können.
Das wissen wir aus Studien, dass eigentlich diese Transparenz des Codes eher das Vertrauen stärkt der Menschen, die am Ende damit arbeiten oder davon abhängig sind im Fall von digitaler Verwaltung.

Torsten:
[41:52] Weiteres Thema Worst Case. Wenn ich meine Software, den Code offenlege und andere Leute zum Code auch beitragen können, also selbst Code Beispiele oder Code Snippets beitragen können, dann kann ja jeder, jeder Hinz und Kunz und jeder böse Hacker Backdoors einbauen.

Gast 1:
[42:13] Naja, du bist ja derjenige, der oder die Verwaltung ist die Instanz oder die Maintainer, die am Ende den Finger drauf haben und die am Ende entscheiden können, welche Pull Quests nehme ich an, was kommt tatsächlich rein am Ende.
Und von daher ist das überhaupt kein Risiko, ist an der Stelle gar nicht die Gefahr da, dass irgendjemand dort heimlich etwas reinhäckt. Im Gegenteil, wie gesagt, es ist öffentlich einsehbar, es ist offen einsehbar.
Und vor allen Dingen die, ja.

[42:42] Die entwickelnde Instanz, die Verwaltung, die das Ganze am Ende benötigt und die eine Community aktiviert hat, die behält natürlich am Ende die Entscheidungshoheit darüber, was setzt sich ein, welche Pull-Requests werden vielleicht nicht gemerged.
Das heißt, diese Gefahr besteht nicht. Ich würde eher sagen, vielleicht gibt es so eine andere Angst noch, nämlich dass wir hier eine tolle proprietäre funktionierende Lösung haben.
Und weil jetzt alle von Open Source reden oder von freier Software reden, müssen wir jetzt schlechtere Systeme benutzen, die uns eine Umstellung abnötigen.
Also das kann ich mir vorstellen, dass das auch eine Angstsysteme in irgendeiner Form, das mit einem Bild verbunden ist, von einer Software, die von Hobbyprogrammierern entwickelt wird, die buggy ist, die altbacken aussieht, die dauernd abstürzt, mich vielleicht sogar zwingt, die Kommandozeile zu nutzen.
Und dieses Bild spielt natürlich den Hersteller in proprietärer Software in die Hände.
Das ist auch, glaube ich, etwas, was gerne genährt wird.
Aber es hat mit der Wirklichkeit natürlich gar nicht viel zu tun.
Wie wir vorhin schon gesagt haben, die meiste freie Software wird heute von Profis entwickelt, sieht schick aus, läuft rund, kann von Haus aus Dinge, für die ich mir bei einem proprietären Produkt erst kostenpflichtige Module zukaufen muss.
Wenn sie es nicht kann, dann kann ich es, also die freie Software, dann kann ich das entsprechende Feature beauftragen, kann es sehr schnell und kann es sehr einfach entwickeln lassen.

[44:04] Und natürlich ist es so, dass ja die digitale Welt in ständigem Wandel ist, dass ständige Neuerungen kommen.
Ich glaube, am Ende eine Umstellung auf Open Source, auf freie Softwareprodukte ist gar nicht so anders, ist gar nicht so viel größer als zum Beispiel, wenn wir jetzt auf Office 365 gehen oder so etwas. Und natürlich muss sowas immer von Schulungen begleitet werden.
Und es braucht Handreichungen, Best Practices für die IT-Experten, die die Migration begleiten. Aber dass es geht, machen ja viele Kommunen vor.
Und an der Stelle nochmal der Hinweis, das habe ich vorhin gar nicht gesagt, es gibt aus dieser Dortmund-Veranstaltung hervorgegangen ein Vernetzungsangebot von uns.
Wir haben eine Meldeliste eingerichtet, auf der jetzt etwa 200 Leute aus verschiedenen kommunalen Verwaltungen sind. Die findet man in den Shownotes und auf unserer Website.
Das nennt sich FS minus Kommunen.

[44:56] Dort kann man sich einfach anmelden, kann Fragen stellen, kann solche Sorgen und andere Sorgen und auch ganz konkrete, praktische Probleme ansprechen und gemeinsam nach Lösungen suchen. Und das ist, glaube ich, der Weg, auf den wir uns begeben müssen.
Dass eben nicht jede Institution, jede Verwaltung mit ihren Problemen für sich bleibt, sondern dass man sich Verbündete sucht und von den Lösungen, die woanders schon gefunden worden sind, tatsächlich profitieren kann.
Und auch an der Stelle nochmal der Hinweis auf unsere Public Money, Public Code Broschüre, die ich schon erwähnt habe.
Und es gibt noch was ganz Interessantes, nämlich hat die KGST ein Report zu freier Software in Kommunen veröffentlicht 2021.
Da haben wir auch etwas mitgearbeitet daran.
Auch diese Broschüre kann man digital online runterladen. Die ist auch in den Shownotes.
Und dort gibt es eine Menge Informationen nochmal zu dem Thema, zu Ausschreibungsverfahren, zu Best Practices.
Eine sehr gute Lektüre auf jeden Fall.

Torsten:
[45:52] Also an Lektüre zu freier und open source Software für die öffentliche Verwaltung mangelt es nicht, weil das Thema ist inzwischen so tief eingesickert, ich habe das Gefühl, wir trauen uns immer noch nicht so richtig.
Wir müssen nur noch den letzten Schritt gehen, um es tatsächlich auch zu tun.
Und um nochmal bei unserem Gedankenexperiment zu bleiben, du hast es vorhin angesprochen, die Angst herrscht, dass freie und Open Source Software altbacken ausschaut.
Nicht das komplette Feature Set bietet, was ich brauche. Das bietet proprietäre Software ja auch nicht.
Das bietet auch nicht 100% der Features, die ich benötige.
Und hat schon mal jemand versucht, eine Funktion in Microsoft Word nachzufordern oder Microsoft da Geld in den Rachen zu werfen, dass sie diese Funktion einbauen?
Ich glaube, da bleibt man relativ erfolglos.
Wenn man aber jetzt zum Beispiel, guckt man sich LibreOffice oder ähnliches an und man hat dort eine Funktion und das ist tatsächlich für die öffentliche Verwaltung auch schon geschehen, die speziellen öffentlichen Verwaltungen benötigt werden, dann kann man diese Funktionen als Modul selbst entwickeln, entwickeln lassen und dann einfach in den öffentlichen Verwaltung einsetzen.
Also das funktioniert.

Gast 1:
[47:08] Und genau das passiert auch an vieler Stelle ja längst und ein Beispiel, also in meiner letzten Arbeitsstelle, die wie gesagt nichts mit IT und nichts mit freier Software zu tun hatte, war ich gezwungen, ein proprietäres Cloud-Speicher-Produkt zu nutzen und habe mich so darüber geärgert, dass dort gewisse Features einfach gefehlt haben, die ich gewohnt war und auch nicht bekommen sind und die mir so augenfällig schienen.
Ich nutze privat ja Nextcloud und das ist so, dass ich einfach sehr beeindruckt davon bin, auch welche schnelle und rasante Entwicklung es dort gegeben hat und wie viele Features ständig dazukommen, laufend dazukommen.
Also das, was wir gerade sehr abstrakt beschrieben haben, das passiert auch schon und das passiert in der Praxis ganz konkret und sehr, sehr schnell.
Und vor allen Dingen, jeder kann dabei mitmachen.
Jeder kann sich da beteiligen, jede Verwaltung. Wenn sie sieht, dieses Feature brauchen wir, dieses Feature fehlt bei einer bestehenden Software, die jemand anderes programmiert hat, dann arbeiten wir dort mit, beauftragen das oder entwickeln das in-house, committen das und dann ist es da und wir können es nutzen.

Torsten:
[48:08] Genau. Und die meisten Communities sind froh, wenn sie Finanzierungen bekommen und neue Features bekommen, die tatsächlich finanziert sind und vor allen Dingen auch aus der öffentlichen Verwaltung.
Da gibt es die wenigsten Communitys die dann sagen, nee den Quatsch wollen wir nicht. Ich glaube wir sind durch oder?

Gast 1:
[48:25] Ja naja, wenn wir noch fünf Minuten haben, dann würde ich noch so ein bisschen.

Torsten:
[48:30] Podcasts haben den großen Vorteil, die gehen so lange wie sie gehen.

Gast 1:
[48:34] Naja es gibt ja diesen endlosen Podcast von Zeit online, also wir müssen es jetzt keine sieben Stunden lang machen.
Ich würde nochmal kurz darauf eingehen wollen, was bei der Public Money, Public Code Initiative ja unsere Strategie ist und was für Probleme sich da momentan stellen. und wie wir glauben, dass wir ganz gut damit umgehen können.
Und das ist, glaube ich, eine wichtige Sache, auch weil es, ja, weil es schon auch die die Adaption durch Verwaltungen betrifft.
Was unsere Idee ist, ist also nicht, dass wir solche Big Bang-Migrationen fördern, also zur Strategie, solche Big Bang-Migrationen fordern und fördern, sondern dass es einen kontinuierlichen und langfristigen Prozess hin zu Freisoftware geben soll.
Also nicht starre Zielvorgaben, die nicht eingehalten werden können.
Also bis 2025 laufen alle unsere Rechner mit 100 Prozent freier Software, sondern eine inkrementelle Entwicklung.
Beispielsweise immer dann, wenn neue Produkte in Auftrag gegeben werden oder in-house entwickelt werden mit öffentlichen Geldern, dann muss das Ergebnis Open Source sein. Und so kommen immer neue Open Source, Entschuldigung, jetzt sage ich Open Source, also freie Software Komponenten hinzu.

[49:37] Das geht über Vergaben, das geht über In-House Entwicklung und es gibt entsprechende Möglichkeiten.
Es gibt die Möglichkeit, Haushalt, also das Budget anzufassen, zum Beispiel Vorgaben zu machen, dass ein steigender Anteil des IT-Haushalts für Free Software reserviert ist.
Ein Ansatz, der in Italien existiert, der ganz interessant ist, also dort macht proprietäre Software, ich kann sie beschaffen, aber sie macht Arbeit, sie macht Paperwork, sie macht Bürokratie, denn ich muss jedes Mal, wenn ich mich für eine proprietäre Alternative entscheide, dann muss ich begründen umständlich.

[50:11] Und deswegen ist es einfacher, auf die freie Software zu setzen.

[50:16] Definitiv in Deutschland momentan nicht so, sondern hier ist es so, wo es Vorgaben für die Nutzung freier Software gibt, da muss ich oft begründen, dass ich mich für freie Software entscheide. Ich muss also begründen, dass sie besser ist als die proprietäre Alternative.
Die Vorgaben, die existieren, sind oftmals auch schwammig. Es gibt Schlupflöcher und das ist ein riesiges Problem. Also viele. Wir haben jetzt ganz viele Papiere, die wir sehen, draußen ganz viele Strategien.
Es gibt diesen Beschluss im Koalitionsvertrag, die alle Bezug auf den Slogan nehmen oder zumindest auf freie Software allgemein oder Open Source allgemein nehmen und auch von guten Absichten gründen.
Das ist gut, aber Papier ist geduldig und mit schön betitelten Strategien ist es nicht getan.
Ich habe gerade schon erwähnt, es gibt Schlupflöcher, also beispielsweise solche Formulierungen Open Source dann, wenn es sinnvoll ist.
Und das Problem ist, im Beschaffungsprozess oder im Entwicklungsprozess empfinden sich immer Gründe, wenn man will, das Projekt am Ende doch proprietär zu belassen oder bei Office 365 zu bleiben.
Also es ist eigentlich bequemer momentan, beim Status quo zu bleiben, das ist ein Problem. Es gibt Open Washing, ja, also so Begriffe wie Inner Source, mit der die EU-Kommission dann um die Ecke kam.

[51:32] Da waren wir sehr verblüfft, also was dann meint, der Code wird intern weitergegeben das da öffentlich, aber öffentlich nicht.
Oder based on open source, also ich verwende open source Technologie, aber veröffentliche meinen Code dann selber nicht. Da wäre dann alles open source, da hätten wir schon gewonnen. Das ist open source.

Torsten:
[51:50] Den Trend haben wir gerade in Deutschland sehr stark, based on open source.

Gast 1:
[51:53] Ja, ja, ganz genau. Also das ist eben ganz genau ein Problem.
Also wenn auch Verwaltungen beginnen, Software vermeintlich als open source zu entwickeln und dann aber den Code nicht auf auf solchen Repositories zu veröffentlichen oder am Ende gar nicht zu veröffentlichen.
Oder es ist unklar, wo der Code am Ende ist. Das ist also vielleicht nur auf Anfrage oder vielleicht nur die Teilkomponenten, die man verwendet hat, mit GitHub-Links aus seiner Website zu publizieren.
Wenn ich das mache, schneide ich mich von sehr wichtigen Vorteilen von freier Software ab. Und am Ende hab ich vielleicht auch keine freie Software mehr.
Kollaboration findet eben auch nicht statt. Was wir brauchen, ist Coding in the Open, Release early, Release often, Community building, das ist die Richtung, in die wir gehen müssen.

Torsten:
[52:40] Dazu möchte ich eine kleine Anekdote beitragen. Vor zwei Wochen war, wenn die Sendung rauskommt, vor drei Wochen war Digitale Staat, eine Konferenz für die öffentliche Verwaltung.
Und da waren auch ganz viele Softwarehersteller.
Und ein paar habe ich mir angeschaut und mit Leuten habe ich auch gesprochen.
Und meine Standardfrage ist, ob es so aus oder nicht so aus.
Und ich war bei einem Hersteller, der hat mir gesagt, ja natürlich, wir sind Open Source und ja, ist Open Source. Wo kann ich denn den Code sehen?
Ja den können sie nicht sehen.
Also der Auftraggeber, das Ministerium hat den Code bei sich, also den machen wir regelmäßig, müssen wir den auch updaten und der Code liegt im Save. Ja. Das ist doch nicht Open Source. Ja doch, das ist Open Source.

Gast 1:
[53:31] Es ist absolut nicht off-resource, natürlich nicht. Wir haben das auch erlebt, also wenn man nachfragt bei bestimmten Projekten, wo ist denn nun der Code?
Dann wird man unter Umständen vertröstet auf einen späteren Zeitpunkt oder es ist ja dann doch nicht, eigentlich gar nicht das eigene Projekt, sondern basiert auf etwas anderem und die sollen den Code veröffentlichen.

[53:53] Das sind ja eben nicht Schritte in die richtige Richtung, sondern es sind am Ende Schritte in die falsche Richtung.
Das ist das Problem. Also wenn es kleine Schritte in die richtige Richtung wären, dann wäre es gut.
Aber ich glaube, hier werden dann zum Teil sehr problematische Pfade bestritten.
Und deswegen sind wir dabei oder haben wir eigentlich schon unsere Public Money, Public Code Strategie etwas verändert.
Unsere Rolle sehen wir da ja vielleicht immer noch dabei, Leute zu ermutigen, sich zu Open Source zu committen, sich zu Public Money, Public Code zu committen.
Aber wir wollen eben auch als Watchdog auftreten.
Das heißt, gerade da, wo Papiere und Projekte mit so schön klingenden Titeln und Vorhaben auftauchen, wollen wir nicht die Hände in den Schoß legen, sondern wir schauen genau hin. Ist da wirklich Open Source drin, wo Open Source draufsteht?
Wird in Projekten proprietärer oder patentbehafteter Code verwendet?
Gibt es Loopholes, also gibt es Schlupflöcher? gibt es Versuche Open Washing zu betreiben.
Ist der Code verfügbar und kompilierbar? Ganz wichtig. Also, ich muss in der Lage sein, den Code selber auf meiner eigenen Infrastruktur zu kompilieren und zu bauen und zu betreiben.
Gibt es eine solide, gibt es eine dauerhafte Finanzierung oder handelt es sich eher um temporäre Projekte und Feigenblätter?

[55:07] Gibt es klar definierte, sinnvolle Ziele und Marker, anhand derer der Fortschritt gemessen werden kann?
Ja, wie vorhin schon angesprochen, gibt es öffentlich einsehbare Statistiken zur Ausschreibung, Entwicklung und Verwendung von freier Software auf allen Ebenen, die überhaupt so was wie Transparenz von staatlichen Handeln in dem Punkt ermöglichen?
Oder bleibt es am Ende bei schönen Worten und ja, wollen wir vielleicht gar nicht wirklich vorankommen in Richtung von mehr digitaler Souveränität?
Mit Blick auf all diese Fragen sehen wir jetzt genauer hin. Und es gibt zum Glück ja auch Mittel, die der Zivilgesellschaft dazu zur Verfügung stehen.
Wir zum Beispiel Informationsfreiheitsgesetz anfragen oder wir können den Weg über Abgeordnete nehmen und parlamentarische Anfragen stellen.
Das ist also das, was ich mit dieser Watchdog-Rolle meine. Öffentlichkeit erzeugen.
Wir brauchen Transparenz.
Wir brauchen echten Fortschritt und dafür brauchen wir einen echten Fortschrittswillen bei allen, die sich zu digitaler Souveränität oder zu Public Money, Public Code bekannt haben.
Und jetzt muss man an dieser Stelle auch noch sagen, bei ganz vielen Menschen in Verwaltung und Politik ist dieser Wille tatsächlich da und sie warten nur darauf, dass in den richtigen Stellen die richtigen Hebel in Bewegung gesetzt werden.

Torsten:
[56:10] Da gebe ich dir vollkommen recht. Könnt ihr nicht mal so eine Free Software Ampel machen?

Gast 1:
[56:15] Wie meinst du das?

Torsten:
[56:18] Also man reicht zum Beispiel eine Software ein und die wird geprüft oder man kann die selber prüfen und je nachdem wie viele Prüfpunkte man bekommt, kriegt man dann einen rot, einen gelb, einen grünen oder einen orange vielleicht oder einen hellgrünen.

Gast 1:
[56:35] Ich glaube, so einfach ist es am Ende nicht, sondern es gibt Lizenzen.
Diese Lizenzen sind rechtsverbindlich.
Wenn ich eine, also ich kann mich natürlich dafür entscheiden, irgendeine Lizenz, die gar nicht in diesen vorhin erwähnten Lizenzlisten der FSF oder der OSI auftauchen, zu verwenden, dann ist es auch keine freie Software.
Das ist völlig klar. Oder ich verwende eine solche Lizenz und genüge der aber nicht.
Dann verhalte ich mich im Zweifelsfall rechtswidrig. Also das ist schon so, dass es dann sein kann, dass tatsächlich auch Menschen, die den Code programmiert haben, den ich verwende und nicht regelkonform, lizenzkonform weitergebe, dass die mich am Ende verklagen.
Das heißt auch an dieser Stelle wieder Open Source, wenn man es meint, sollte man es tun.
Und es ist auf jeden Fall der bessere und rechtssichere Weg, es zu tun. Ich habe am Ende, wenn ich meine Produkte als freie Software veröffentliche, dann habe ich keine Probleme in irgendeiner Form.

Torsten:
[57:30] Ich glaube ja, wir brauchen tatsächlich mehr Sichtbarkeit für die Projekte, die es schon gibt.
Es gibt schon einige und ich glaube, wenn wir mehr Sichtbarkeit dafür erreichen, dann ist auch die Schwelle des Nachmachens größer.
Und deswegen fände ich so eine Ampel gar nicht so schlecht, weil alle wollen natürlich immer grün sein.
Und das ist so eine Art zusätzliches Qualitätsmerkmal.

Gast 1:
[57:53] Ja nur was ist, wenn die Ampel am Ende auf gelb steht?
Und wer sanktioniert am Ende, wenn die Ampel auf rot steht? Also dann passiert das gleiche, was ich eben gerade gesagt habe. Entweder es passiert gar nichts oder es kommt am Ende zu einem Rechtskonflikt, zu einem rechtlichen Konflikt in irgendeiner Form.

Torsten:
[58:09] Das haben wir ja bei der Lebensmittelampel auch. Aber immerhin, der Verbraucher guckt schon drauf.
Ob es jetzt rot ist oder gelb oder hat sie schon grün. Also die Verbraucher gucken da schon hin.

Gast 1:
[58:21] Vielleicht können wir uns darauf einigen, dass sie in dem Fall blau sein müsste, die Ampel. Grün und blau. Nein, rot und blau.

Torsten:
[58:29] Naja man kann ja auch andere Farben finden, also das ist ja, aber dieses so eine Art Bewertungssystem oder Einstufungssystem, wie weit weg ist die Software die veröffentlicht wurde, wie weit ist diese Software von tatsächlich freier und offener Software?

Gast 1:
[58:44] Ja, ich meine, wir versuchen ganz genau das eben, indem wir den Finger in die Wunde legen und Öffentlichkeit herstellen, da, wo wir denken, das sind wichtige Projekte.
Ich denke jetzt an den souveränen Arbeitsplatz zum Beispiel, an die D-PHOENIX-Suite.
Das ist ja wirklich so das Großprojekt momentan, was auf Bundesebene vorangetrieben wird, wo wir mit Sicherheit in Zukunft doch besser hinschauen müssen und auch hinschauen wollen.
Und wenn ja dort am Ende vielleicht nicht genügend in Richtung freier Software getan wird, entsprechend dem, was eigentlich sein sollte, dann werden wir da die entsprechende Öffentlichkeit auf jeden Fall herstellen und vielleicht auch zu solchen Mitteln wie IFG-Anfragen, parlamentarischen Anfragen greifen.

Torsten:
[59:30] Okay, du hast geglaubt, dass wir die Stunde nicht voll kriegen?

Gast 1:
[59:34] Ich bin verblüfft.

Torsten:
[59:35] Wir haben die Stunde easy voll bekommen.

Gast 1:
[59:37] Sehr angenehm, sich mit dir zu unterhalten.

Torsten:
[59:40] Es hat mich sehr sehr gefreut, dass du bei mir im Podcast warst.
Ich bleibe der FSFE weiterhin stark verbunden.
Ich hoffe, dass ihr eure Arbeit noch weiter intensivieren könnt und ich freue mich auf weitere Gespräche offline oder mal wieder im Podcast, wenn es zum anderen Thema geht.

Gast 1:
[1:00:01] Darauf freue ich mich auf jeden Fall auch. Ja und dann dir noch einen schönen Abend.
Das ist jetzt nicht der richtige Schluss. Ich freue mich auf jeden Fall, dass ich hier gewesen bin. Es war ganz spannend und ganz großartig und ich bin vor allem sehr gespannt, wie es mit den vielen so interessanten Ansätzen zu Public Money, Public Code in den nächsten Jahren weitergeht.

Torsten:
[1:00:23] Genau und da Podcasts ja zeitsouverän gehört werden können, dann wünsche ich allen Hörerinnen und Hörern einen schönen Tag, einen schönen Nachmittag, einen schönen Abend, eine gute Nacht und bis zum nächsten Mal.