München und Laura Dornheim

2023, EGovernment Podcast
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In dieser Episode geht es mit Dr. Laura Dornheim rund um die Digitalisierung der Landeshauptstadt München und ihre Aufgaben als CDO und IT-Referentin. Kommentare  unter: https://egovernment-podcast.com/egov136-muenchen-laura-dornheim/

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Transcript


Torsten:
[0:35] Ja, hallo und herzlich willkommen zur 136. Ausgabe des e-Government-Podcast.
Ich bin Thorsten Frenzel und ich habe heute mal wieder einen Gast bei mir, die Laura. Hallo, Laura, grüß dich.

Laura:
[0:46] Hallo, Thorsten. Vielen Dank für die Einladung.

Torsten:
[0:48] Schön, dass du da bist und vielleicht sagst du noch mal ganz kurz was zu dir, wer du bist, was du machst und dann steigen wir ein.

Laura:
[0:54] Das mache ich sehr gerne. Also ich bin Laura, außerdem bin ich seit jetzt fast acht Monaten IT-Referentin und Chief Digital Officer der Landeshauptstadt München, der Weltstadt mit Herz und Internet.
Ich bin vom Background Wirtschaftsinformatikerin, habe die letzten Jahre viel in Digitalunternehmen, größeren und kleineren, gearbeitet als Digitalstrategin, als Führungskraft in unterschiedlichen Rollen und mache seit auch ungefähr zehn Jahren Netzpolitik angefangen mit einem, ich nenne den politischen Seitensprung bei den Piraten und dann schon lange wieder in die grüne Heimat zurückgekehrt.
Genau, war da bis letztes Jahr in Berlin ziemlich aktiv.
Hatte versucht, digitalpolitische Kompetenz in den Bundestag zu tragen.
Das hat knapp nicht geklappt, aber es hat ja immer alles ein Gutes im Leben, sonst wäre ich jetzt nicht hier und hätte nicht diesen absoluten Traumjob, die IT und die Digitalisierung Münchens voranbringen zu dürfen.

Torsten:
[1:58] Ja, ich freue mich, dass du da bist. Nochmal, dein vollen Name ist Laura Dornheim.
Wer das vielleicht nicht direkt rausgehört hat, bist sehr aktiv auf Twitter auch. Und genau, dann fangen wir gleich mal an. Was sind denn deine Aufgaben in München jetzt?

Laura:
[2:12] Das sind tatsächlich sehr, sehr viele. Also das IT-Referat in München ist zuständig für alles, was irgendwie mit Internet zu tun hat.
Wir bringen das WLAN in den städtischen Kitas aus.
Entwickeln die Smart City Strategie 2025, 2030, je nachdem.
Wir haben natürlich ganz viele interne Großprojekte zur Digitalisierung der Verwaltung, Einführung der traumhaften E-Akte, Umstellung von ganz vielen teilweise echt noch händischen Prozessen.
Wenn es irgendwie um die Rechnungen an und für die Stadt geht, um das Recruiting etc.
Aber natürlich unterstützen wir auch die anderen Referate in der Stadt.
Als Beispiel greife ich immer das Kreisverwaltungsreferat raus.
Für Nicht-MünchnerInnen, das ist die Innenbehörde, quasi die Bürgerverwaltung, mit denen wir zusammen sämtliche Bürgerservices digitalisieren, damit man eben diese Behörde nicht mehr unbedingt von innen mehr sich anschauen muss, sondern das bequem vom Rechner aus machen kann.

Torsten:
[3:11] Ja, das ist ja auch immer mein Bestreben, die Verwaltung so weit zu digitalisieren, dass man eigentlich nur noch für den Personalausweis reinkommen muss.

Laura:
[3:18] Und da hoffentlich auch nur noch einmal und nicht zur Beantragung und zur Abholung.

Torsten:
[3:22] Die ersten 100 Tage sind jetzt bei dir überstanden.
Und wie war's? Wie geht's und wie geht's weiter?

Laura:
[3:30] In so einen Job reinkommen ist natürlich immer wie auf einen fahrenden Zug aufspringen.
Also, es sind hier an die 1.400 Kolleginnen und Kollegen, die die IT in der Stadt am Laufen halten und die Digitalisierung vorantreiben.
Und das war natürlich schon erst mal eine Herausforderung, sich da an alles einzuarbeiten.
Aber es hat auch riesig Spaß gemacht. Ich wurde hier ganz großartig willkommen geheißen und habe in den ersten Tagen schon diverse Deep Dives gekriegt, inklusive auch irgendwie einmal einer Tour durchs Rechenzentrum.
Wir haben, die Stadt hat nämlich, betreibt zwei eigene Rechenzentren.

[4:05] Und ja, es ist wahnsinnig schnell vergangen, hat wahnsinnig Spaß gemacht und zum Glück gibt es nicht allzu viele Baustellen, wo man dringend dran muss.
Ein großes Thema, das sich sehr schnell herausgestellt hat, dass man da dringend aufräumen und einiges auf Vordermann bringen muss, ist das ganze Thema der Bildungs-IT.
Ich hatte es vorhin schon gesagt, wir machen das WLAN in den Kitas, aber eben nicht nur in den Kitas, sondern auch in den Schulen.
Und da ist München, obwohl es eine doch ganz wohlhabende Kommune ist, echt noch nicht auf dem Stand der Zeit und nicht unbedingt zukunftsfähig und das ist natürlich extrem schade, weil da sitzt ja unsere Zukunft von morgens um 8 bis mindestens 13 Uhr und die sollen natürlich auch in dieser Zeit schon die Möglichkeit haben, nicht nur Unterricht auf zeitgemäßen Niveau zu haben, sondern auch da schon lernen, wie sie dann bald Digitalisierung mitgestalten.

Torsten:
[5:05] Und ist das eines der Hauptthemen, die ihr gerade momentan habt und vor allen Dingen, welche Hauptthemen habt ihr jetzt noch?

Laura:
[5:12] Ich tue mich ein bisschen schwer mit Hauptthemen.
Weil eben die Bandbreite so groß ist und ja, jetzt sowas wie irgendwie die Internetversorgung oder die Umstellung von Telefonie auf Voice-Over-IP in der Stadt ist jetzt mit Sicherheit kein großes strategisches Hauptthema, aber ist trotzdem ja essentiell, um diese Stadtverwaltung am Laufen zu halten.
Das Thema Bildungs-IT ist definitiv eins, wo ich mich gerade sehr dahinter klemme, weil wie gesagt, da halt ein bisschen Aufholbedarf doch durchaus besteht.

[5:45] Es gibt natürlich aber auch so große strategische Themen, die ich im Blick habe.
Eins ist ganz klar die stärkere Digitalisierung, hoffentlich irgendwann nahezu vollständige Digitalisierung der sämtlicher Verwaltungsdienstleistung, nicht jetzt nur direkt für Bürgerinnen und Bürger, also Umzug anmelden, ummelden, Reisepass, Personalausweis, sondern auch Gewerbeanummeldungen geht heute schon online.
Das ist aber viel Digitalisierung 1.0, so wie das das OZG eben vorgesehen hat.
Und wo wir hinwollen, ist wirklich bei überall da, wo es geht, so eine Ende-zu-Ende-Digitalisierung zu einer weitgehenden Dunkelverarbeitung, um da dann eben auch ganz viel händische Arbeit in der Verwaltung zu sparen.
Und Und auch keine große Überraschung, ein großes Thema für mich ist natürlich auch Open Source zu stärken, sichtbarer zu machen, uns da auch bundesweit viel besser zu vernetzen.
Es ist ja so ein bisschen, also das Thema ist in München schon auch sehr emotional.

[6:51] Und ja, weil das LIMUX-Projekt hat da einfach auch viele Gemüter erhitzt.
Und es gibt so ein bisschen die Erzählung so, ja, LIMUX ist gescheitert und dann gibt so den Kurzschluss, damit ist Open Source in München gescheitert, das ist beileibe nicht so.
Selbstverständlich nutzen wir an ganz, ganz vielen Stellen Open Source Software.
Wir entwickeln sogar sogar eigene Open-Source-Lösungen stellen die auch öffentlich bereit.
Das, was wir da machen, stärker sichtbarer zu machen ist, habe ich mir groß auf die Fahne geschrieben.
Aber eben auch da die Vernetzung mit anderen Kommunen, auch mit anderen Ebenen in Deutschland.
Das ist, glaube ich, einfach notwendig, um das Thema voranzubringen.
Und ich bin ganz froh, ich meine, die Zeiten waren nie so gut.
Das Innenministerium entwickelt einen Open-Source-Arbeitsplatz für die Verwaltung.
Und da will ich natürlich, dass wir zeigen, dass München da schon lange vorne mit dabei ist bei dem Thema.

Torsten:
[7:45] Ich bin ja auch ein großer Open-Source-Evangelist und ich finde ja das Thema Leemux ist in München nicht gescheitert.
Es war nur nicht erfolgreich, weil man damals noch nicht so weit war, gewisse Dinge auch ordentlich ausrollen zu können. Jetzt würde das vielleicht anders ausschauen, aber inzwischen gehen die Trends ja zu reinen Online-Arbeitsplätzen.

Laura:
[8:05] Genau.

Torsten:
[8:06] Du hast mir schon ganz viele Fragen vorweggenommen, aber Open-Source, ihr seid ja auch in der der Open Source Business Alliance als Stadt dabei. Seid ihr da auch aktiv?

Laura:
[8:16] Da sind wir definitiv aktiv und ich werde es aber auch ausbauen.
Wir haben in den nächsten Wochen ein großes Treffen tatsächlich auch mit Leuten von der Open Source Business Alliance, die ich glücklicherweise aus anderen Kontexten auch schon lange kenne. Also da gibt es auch persönliche Beziehungen.
Es hilft ja auch manchmal.
Ein ganz spannendes Thema ist da, dass ja im Koalitionsvertrag zumindest angedacht wurde, dass man ja Open Source durchaus als zu präferierende Option bei Vergaben anfordern oder fordern sollte.
Und da hat sich die Open Source Business Alliance gerade auf den Weg gemacht, dann rechtliches Gutachten einzuholen, wie man sowas sauber gestalten kann.
Weil das sehe ich schon in der Verwaltung.
Verwaltung an sich ist jetzt eher risikoavers, so als, ja, auch als Bürgerin in Sicht, glaube ich, ist das gar nicht so schlecht, dass man da eh auf Nummer sicher geht.
Aber wenn es dann eben darum geht, bei solchen Vergaben, bei solchen Ausschreibungen wirklich grundlegend was umzustellen und zu sagen, okay, wir schreiben Open Source entweder als wirklich harte Anforderungen rein oder eben sonst irgendwie zu bevorzugen, da kommen dann erst mal sehr viel Bedenken und sehr viel Fragezeichen.
Deswegen freue ich mich ganz konkret auf diesen Termin, um dann eben auch für für uns schauen zu können, wenn wir zukünftig große Projekte ausschreiben, wie können wir denn dafür sorgen, dass das Open Source da in die Poolposition kommt?

Torsten:
[9:39] Aber zum Thema Ausschreibung Open Source, da tut sich ja auch generell jetzt was auf Bundesebene.
Der EVB-IT wird entsprechend angepasst, dass man Open Source viel, viel besser auch vertraglich vereinbaren kann mit den Herstellern.
Also ich glaube, da sind wir schon auf einem ganz guten Weg, noch lange nicht dahin, wo wir hin müssen, aber ich Ich glaube, der Weg ist schon mal ganz in Ordnung, wie wir ihn gerade beschreiben.

Laura:
[10:05] Ja, absolut. Wie du auch gesagt hast, die Zeit war noch nie so gut wie jetzt und das ist tatsächlich auch ein großer Grund. Limux war einfach ein bisschen zu früh seiner Zeit voraus.

Torsten:
[10:15] Jetzt muss ich nochmal eine obligatorische Frage stellen, weil das zieht sich ja seit vielen, vielen Jahren durch, das Thema OZG.
OZG-Umsetzung. Wie weit seid ihr da in der Stadt und wie weit bekommt ihr da Unterstützung vom Freistaat Bayern?

Laura:
[10:34] Sehr, sehr spannendes Thema. Also mit der Kreisverwaltungsreferentin, meiner lieben Kollegin Hanna Samadok-Radel, arbeite ich da extrem eng zusammen und natürlich nicht nur wir zwei, sondern eben auch unsere beiden Häuser und ganz viele Teams, um da wirklich schnell voranzukommen.
Wir waren Ende letzten Jahres, als ja das OZG-Ziel eigentlich 100% gewesen wäre, bei gut 80%, also deutlich weiter als der Bundesdurchschnitt.
Da kann man auch ein bisschen stolz drauf sein.
Aber ich hatte es vorhin schon gesagt, OZG ist halt sehr so Frontend-Digitalisierung, mehr oder weniger.
Und dann kommt noch dazu, dass das Frontend meistens nicht so ganz so hübsch ist und ganz viele Leute noch gar nicht wissen, was man denn eigentlich schon alles digital machen kann. Also da haben wir auch im Kommunikativ echt noch viel zu tun.
Und es ist so ein Zwischenschritt, die OZG-Anforderungen zu erfüllen.
Und wie gesagt, wo wir hinwollen, ist eine Ende-zu-Ende-Digitalisierung, die dann eben auch nach außen ja wirklich digital aussieht und halt nicht irgendwie ein PDF, das man irgendwie online ausfüllen kann.

[11:43] Also ja, es kommt halt echt immer darauf an, welche Messlatte man hinhängt.
Wenn ich mir einfach nur das OZG anschaue, kann man ja auch in dem OZG-Monitor sehen, da stehen wir ziemlich gut da.
Wenn ich mir anschaue, was eigentlich echte Digitalisierung wäre, wie digitale Verwaltung, digitaler Staat auch funktionieren sollte, da haben wir schon noch eine Wegstrecke, aber sind da auch echt dran, haben dann ein wahnsinnig spannendes Projekt, mit dem wir eben ja schon einzelne Verwaltungsanwendungen Ende zu Ende pilotieren.
Da wird auch dieses Jahr schon was live gehen und eben eine Plattform, ein Backend wirklich wollen, wo wir dann auch relativ flexibel und schnell weitere Verwaltungslösungen.

[12:28] Drüber laufen lassen können, sodass wir eben halt nicht für jeden einzelnen Prozess eine komplett neue Lösung entwickeln müssen.
Und selbstverständlich da auch mit, wo immer es geht, Open Source.
Und wir strecken auch gerade die Fühler aus, wo wir da vielleicht auch mit anderen Kommunen besser kooperieren können.
Weil das ist aus meiner Sicht auch ein Riesenproblem beim OZG, dass es halt gesagt hat, jetzt macht mal, aber keinerlei Vorgaben gemacht hat zu Schnittstellen, Rahmenbedingungen.

[12:57] Diese Eva-Leistung, also sie ist einer für alle Prinzip, super Idee, aber man hätte da halt irgendwie einen Rahmen abstecken müssen, man hätte das irgendwie auch begleiten müssen, weil das halt ein kompletter Bruch ist mit dem, wie gerade kommunale Verwaltung bis dato funktioniert hat, nämlich alle machen halt so ihr Ding.
Und ja, das sehe ich schon auch als meine und unsere Aufgabe, diesen Kulturwandel mit voranzutreiben.
Dann hast du noch gefragt, wie uns der Freistaat hier unterstützt.
Ja, Bayern ist auch als Bundesland vorne mit dabei, was eben die Verwaltungsleistung auf Landesebene angeht.
Grundsätzlich haben wir da auch einen guten Kontakt, einen guten Austausch.
Aber man muss schon sagen, dass es auch oft die Digitalisierung nicht an mangelnden Willen oder technischen Möglichkeiten scheitert, sondern weil halt rechtliche Anforderungen immer noch im Weg stehen.

[13:54] Zum Beispiel wollen wir gerne das Thema Anwohnerparkausweis digitalisieren, eben tatsächlich Ende zu Ende.
Es muss am Schluss aber immer noch gedruckt werden. Wir können zwar in 2023 Handy parken, aber den Anwohnerparkausweis musst du immer noch als grünes Pappding hinter der Windschutzscheibe haben.
Und mein anderes Lieblingsbeispiel, das tatsächlich auch glaube ich sehr bezeichnet ist, für einmal Bayern und dann München, Kirchenaustritt.
Mein Lieblingsthema. Es ist eine Entscheidung, die jeder und jede für sich treffen muss und unbedingt das auch soll.
Und da will und wollen wir uns auch gar nicht einmischen. Aber wenn jemand entschieden hat, dass er aus der Kirche austreten will.
Dann ist es eben so, dass so ein Bayern da immer noch persönlich vorsprechen muss, eine relativ ordentliche Verwaltungsgebühr bezahlen muss.
Dafür auch erstmal einen Termin kriegen muss und dann sitzen da im Kreisverwaltungsreferat, ich glaube irgendwie zwölf oder fünfzehn Leute, die den ganzen Tag nichts anderes machen, als ein oder dasselbe Formular auszudrücken, unterschreiben zu lassen, selber zu unterschreiben und zu stempeln und wieder von vorne.
Das ist halt vermutlich nicht die allererfüllendste Tätigkeit und es wäre wirklich so simpel zu digitalisieren.
Aber wir dürfen nicht und da kriegen wir auch sehr sehr deutliche Rückmeldung vom Freistaat, dass das auf absehbare Zeit nicht gewollt ist.
Was ja eigentlich dem OZG widerspricht.

Torsten:
[15:20] Genau, das ist aber der Freistaat nicht der einzige. Ich glaube, das einzige Bundesland, wo es funktioniert, ist Berlin.
Alle anderen Bundesländer haben es verboten. Also ich habe mal versucht, eine zivilgesellschaftliche Initiative zu starten, dass man quasi in der Zivilgesellschaft diesen Dienst baut.
Aber wie immer mangelt das immer an Zeit. Eigentlich wäre dieser Dienst total einfach. Das ist auch eine X-Mail-Meldung, die dann übertragen wird.
Das könnte man sofort umsetzen bundesweit mit einer einfachen Open-Source-Lösung.

Laura:
[15:47] Wie gesagt, da bin ich voll bei dir. Technisch ist, glaube ich, überhaupt nicht das Problem. Aber selbst wenn wir eine technische Lösung haben, müssen wir es halt erstmal dürfen.

Torsten:
[15:54] Genau. Das ist leider schade, weil das wäre echt ein Quick-Win.
Gut, es wäre kein Quick-Win für die Kirchen, aber das wäre ein Quick-Win für die Verwaltung.
Aber letztendlich ist jeder selbst dafür zuständig, ob er Mitglied einer Kirche sein möchte oder nicht. Und da sollte man sich auch nicht einmischen.
Jetzt muss ich noch mal ein Stück zurückgehen. Du hattest vorhin erzählt, dass ihr für die Landeshauptstadt München, ihr seid ja die größte Kommune in Deutschland.

Laura:
[16:21] Richtig.

Torsten:
[16:22] Alles andere, was größer ist, sind Stadtstaaten, also was anderes.
Und ihr habt quasi schon eine Art eigenes Ökosystem gebaut für eure Online-Dienste und überhaupt eure Verwaltungsdigitalisierung.
Ist das vielleicht eine Art Blaupause für für kleinere Kommunen, weil ihr habt ja quasi schon die größte Skalierung, die man braucht in Deutschland, umgesetzt?

Laura:
[16:42] Jein. Also das, was ich sage mit Ende zu Ende, da sind wir auch echt ganz am Anfang.
Und wir wollen das gerne dann auch zur Verfügung stellen, daraus geht.
Und natürlich auch da unser Wissen, unsere Erfahrungen, die wir auf dem Weg gesammelt haben, teilen.
Wir sind da aber noch weit weg davon, eine wirklich fertige Lösung zu haben.
Wir haben für ein paar interne Sachen, zum Beispiel Reiseanträge, Urlaubsanträge etc., haben wir tatsächlich auch selber was gebaut, das ist auch Open Source, das ist auch, was man grundsätzlich auch weiter nutzen kann.
Und wie gesagt, das ist ganz klar unser Ziel.
Das ist nicht immer so einfach, wenn man irgendwie überall erstmal das Erste selber machen muss, muss, aber natürlich gibt es auch zum Beispiel in Hamburg...
Mit so einer Low-Code-Plattform-Entwicklung, die wir uns ganz genau anschauen, wo wir auch schauen, okay, wir sind bei vielen die Ersten und die Größten.
Das heißt aber nicht, dass wir alle Räder neu erfinden müssen.

Torsten:
[17:41] Naja, das mit der Low-Code-Plattform für die öffentliche Verwaltung, da bin ich ja sehr zwiegespalten.
Also ich glaube, das führt zu dem gleichen Problem, was wir jetzt schon haben, mit ganz vielen Legacy-Geschichten, weil sobald ich was in Low-Code umgesetzt habe, ist es eigentlich sofort Legacy, weil ich es einfach nicht mehr wartbar habe oder es schon gar nicht skalieren kann. Aber das ist ein anderes Thema.
Da muss ich mal nochmal einen extra Podcast zu machen.
In aller Munde ist ja aktuell das Thema ganz stark vertreten KI.
Wie sieht es da in der Landeshauptstadt München aus? Wahrscheinlich beschäftigt ihr euch auch damit, oder?

Laura:
[18:15] Wahrscheinlich, genau, klar. Also ich möchte an dieser Stelle auch echt mal eine Lanze brechen für öffentliche Verwaltung. Ich muss ja auch immer noch schmunzeln.
Ich hätte nie in meinem Leben gedacht, dass ich mal Beamtin werde.
Aber ich kann auch definitiv nach acht Monaten sagen, dass hier irgendwie von Behörden-Muff ich hier noch nix mitgekriegt hab. Wir sind ein super modernes IT-Unternehmen.
Und dementsprechend beschäftigen wir uns natürlich auch mit den Themen, die in der Branche gerade groß sind.
Und da gehört KI natürlich mit dazu.
Wir haben hier ein eigenes Innovation Lab, wo wir eben auch solche Zukunftsthemen verfolgen auch ein bisschen experimenteller mal uns anschauen, überlegen, ausprobieren, wo und wie man so was in der Stadt nutzen könnte.
Auch da ist wieder der Punkt, es ist gut, dass wir lange und sauber prüfen, bevor wir irgendwelche Systeme einfach wild rum experimentieren, weil, ja, ich weiß nicht, ob es, es hat mit Sicherheit nicht mit KI zu tun gehabt, aber so Pannen wie irgendwie in NRW, wenn dann irgendwie Abiturtexte nicht runtergeladen werden können, das wollen wir nicht.
Und bei KI KI kommt ja einfach auch nochmal dazu, dass wir halt überall da, wo wir personenbezogene auch verarbeiten, was Verwaltung halt viel tut.

[19:30] Erst mal wirklich noch mal abwarten müssen, dass wir da einen sauberen Rechtsrahmen haben, bevor wir da Systeme scharf schalten, von denen wir halt nicht ganz genau nachvollziehen können, wie sie funktionieren, was sie tun und eben auch oftmals nicht ausschließen können, dass es dann eben vielleicht doch zu automatisierter Diskriminierung kommt etc.
Aber es gibt natürlich auch ganz viele Anwendungsbereiche, wo es nicht um personenbezogene Daten geht.
Zum Beispiel hatten wir gerade ein Projekt, das wir durchgeführt haben, wo wir uns angeschaut haben, wie wir dann KI und Bilderkennung nutzen können, um die Baumbestände in der Stadt zu zählen.
Was halt Sachen sind, die bis dato einfach sehr viel menschliche Fleißarbeit erfordert haben.
Und da haben wir super Resultate gekriegt und gucken dann eben auch, dass wir das dann eben auch in die Linie kriegen. Wir tun das aber natürlich eben immer auch mit einem klaren Blick darauf, was nutzt das, was nutzt das der Verwaltung, was nutzt das am Ende den Menschen hier in dieser Stadt?
Und das finde ich tatsächlich das sehr, ja auch erfüllende tatsächlich einfach an diesem Job, dass wir nicht jedem Trend zwangsläufig hinterherlaufen müssen, sondern uns klar überlegen, macht das wirklich Sinn?
Also da, klar, KI ist ein großes Thema.

[20:44] Ein super Beispiel, das ist diese Woche tatsächlich live gegangen, das hätte ich jetzt fast vergessen.
Auch die Stadt München nutzt Chatbots und das wird jetzt für die Landtagswahl, die hier ansteht, gibt es jetzt einen Chatbot, den man eben irgendwie rund um die Wahl, also was mache ich, wenn ich meine Wahlunterlagen verloren habe, was muss ich irgendwie ins Wahllokal mitbringen, wo ist das nächste Wahllokal, alle diese Sachen den fragen kann und der basiert natürlich auch, also da steckt Machine Learning dahinter, also wir nutzen das schon, setzen das ein, Aber eben, wie gesagt, wir müssen nicht zwangsläufig auf jeden Hype aufspringen.

Torsten:
[21:19] Ja, das berühmte Bäume zählen, das vergisst man immer so, dass das tatsächlich zur kommunalen Aufgabe gehört.
Und das bringt natürlich wahnsinnig viele Ressourcen. Aber das Schöne bei KI ist, ganz speziell auch bei Open AI, das ist ja auch schon Open Source.
Also die Technologie an sich ist Open Source. Das, was die Magie macht, sind die Modelle, die dahinter stecken. Also Open AI kann man eigentlich ziemlich gut einsetzen und auch ziemlich gut nachschauen, ob da nicht irgendwer nach Hause telefoniert und irgendwelche Daten.
Irgendwo anders hinsendet.

Laura:
[21:48] Genau, das auf jeden Fall, ja. Sonst wäre der Name auch falsch, OpenAI.
Ja, da muss ich natürlich auch viel spunzeln, weil es wird natürlich in der Verwaltung schon auch sehr, sehr viel Text produziert.
Aber da lehne ich mich jetzt nicht aus dem Fenster, was davon wann und wie von JettTPT übernommen werden kann.

Torsten:
[22:08] Naja, die Texte sind ja in der öffentlichen Verwaltung sehr, sehr redundant.
Also, wenn Bescheid für jeden Empfänger individuell wäre, wäre vielleicht schön, aber ich glaube, es ist nicht zielführend.

Laura:
[22:20] Das sind nicht die einzigen Texte der Verwaltung. Ich bin herzlich eingeladen zu einer Stadtratssitzung oder auch zu einer Ausschusssitzung.
Es gibt viele andere Texte auch noch.

Torsten:
[22:29] Da komme ich gerne mal vorbei. Ich kenne das nur von so kleinen Gemeinderatssitzungen von meiner Gemeinde, in der ich wohne.

Laura:
[22:34] Ja, also das bringt mich zu einem anderen Thema.
Du hast ja vorhin nach den großen Themen gefragt. Das ist definitiv kein großes visionäres Tech-Thema, aber ein für mich ganz essenzielles und einfach eins mit großer Signalwirkung.
Dieser Text, der da nämlich produziert wird, steht ja zu wahrscheinlich mindestens 80 Prozent auf Papier.
Und dieses Papier ist mir echt so ein Dorn im Auge.
Berge, die da produziert werden, gerade in Stadtratssitzungen.
Und ja, davon will ich weg, das ist so mein kleines Nebenprojekt.
Ich habe hier schon öffentlichkeitswirksam den Drucker aus meinem Büro abbauen lassen.
Man kann nämlich auch in der Stadtverwaltung komplett digital arbeiten.
Aber an sehr, sehr vielen Stellen ist das doch noch sehr papiergebunden.
Das ist, glaube ich, auch wieder ein viel kulturelles Thema.
Da ist auf jeden Fall auch echt noch Luft und bin ich mal gespannt, wie man Leuten da auch den Switch, erleichtern und vielleicht auch irgendwie versüßen kann.

Torsten:
[23:42] Ja, und da gibt es ja tatsächlich auch Open-Source-Projekte, die recht aktiv sind in dem Bereich.
Aber du hast ja einen Druckerverband und dafür hast du eine Kiste Club-Mate gekriegt, das fand ich mal ziemlich lustig.

Laura:
[23:56] Ich musste aber erst erklären, was dieses Mate eigentlich ist.
Und hast du spezielle Sorten, die du bevorzugst?
Aber es gibt auch einige Leute hier im Haus, die das durchaus wissen, was das ist und seitdem gibt es hier auch in der Referatsleitungsküche eine Kiste Mate.

Torsten:
[24:16] Ja, ich war sehr überrascht. Vor Jahren durfte ich einmal in der Kantine vom Bundesfinanzministerium Mittagessen und da war ganz selbstverständlich Club Mate verfügbar.
Das haben wir hier in Bayern noch lange nicht so weit mit.

Laura:
[24:29] Berlin, obwohl ja Mate aus Franken kommt.

Torsten:
[24:30] Das stimmt, das ist ein fränkisches Getränk. Aber gehen wir mal wieder zurück zur Digitalisierung.
Was so einem CDO oder inne wohnt, ist ja unter anderem auch die Digitalisierungsstrategie.
Du bist ja jetzt die Nachfolgerin von Thomas Boehnig, der ja gewechselt ist nach Stuttgart. Man sagt ja immer, neue Bäsen kehren gut.
Und ändert ihr auch was an der Digitalstrategie oder ist die schon so ausgereift, dass du quasi auch dahinterstehen kannst, wie sie erstanden ist.

Laura:
[25:03] Ganz klar ist sowohl als auch. So eine Strategie wird ja nicht von einem Menschen geschrieben.
Also ist auch diese Strategie nicht einfach nur aus der Feder meines Vorgängers, sondern da steckt ein großes Team dahinter und die Strategieabteilung hier im Haus halte ich für wahnsinnig gut und die machen einen wahnsinnig guten Job und haben da auch natürlich ganz viele andere Akteure, Stakeholder aus der Stadt mit einbezogen in die Entwicklung dieser Strategie.
Also wäre es schon sehr komisch, wenn ich jetzt gesagt hätte, so, das schmeiße ich jetzt alles mal Haufen, mache ich alles neu.
Auch da gilt, wenn Sachen gut sind, dann muss man sie nicht unbedingt, ja, never change a running system.
Das ist so ein bisschen das eine. Es ist aber tatsächlich auch von Anfang an so angelegt gewesen, dass wir diese Strategie jährlich überarbeiten und weiterentwickeln.
Und auch das, glaube ich, ist ein bisschen in der Natur der Sache begründet, eine Digitalisierungsstrategie, die wir einmal schreiben und dann ist sie für 50 Jahre statisch, das würde sich doch doch sehr widersprechen.
Weil wir haben ja auch gerade von Hype- und Trendthemen gesprochen.
Es kommen jedes Jahr neue Themen und die wollen wir uns natürlich auch anschauen.
Und wo es eben Sinn macht, sie auch für die Landeshauptstadt München berücksichtigen.

[26:19] Und ein Thema, das jetzt letztes Jahr ergänzt wurde, das natürlich auch eins meiner großen Themen ist, ist digitale Teilhabe.
Also, dass wir noch stärker in den Fokus nehmen, Wer gestaltet denn eigentlich die Digitalisierung dieser Stadt und für wen gestalten sie wir?
Haben wir wirklich die große Diversität in dieser Stadt im Blick?
Wen hängen wir vielleicht womöglich ab oder wo sind Menschengruppen bedroht, von digitalen Entwicklungen abgehängt zu werden?
Wie können wir noch stärker dafür sorgen, dass die Digitalisierung als globale, gesamtgesellschaftliche Entwicklung, aber natürlich auch die Digitalisierung der Stadt München wirklich allen Menschen zugutekommt.
Das haben wir in der letzten Fortschreibung eben als explizites Handlungsfeld auch ergänzt.
Aber ansonsten hat dieses Ding schon Hand und Fuß.
Man kann sich das auch online anschauen, natürlich in der Gesamtversion, aber unter Radar.münchen.digital, kann man sich in so einem Dashboard anschauen, wo wir da stehen, welche Maßnahmen da überall dahinter stehen und wie die eben umgesetzt werden.

Torsten:
[27:30] Genau, ihr seid ja als Stadt München generell ziemlich gut aufgestellt, ihr habt eine ganze Strategieabteilung, ihr habt ein Inolab und ihr habt auch eine Inhouse-Beratung, die Digitalet M.
Von der bist du ja auch die Geschäftsführerin.

Laura:
[27:44] Ich brauche so ein großes Hutregal hier im Büro eigentlich.

Torsten:
[27:47] Genau. Und wie werden die mit einbezogen in das ganze Thema?

Laura:
[27:52] Nicht nur mit einbezogen, die treiben natürlich mit. Das ist aus meiner Sicht ein...
Wirklich ein Vorzeigeprojekt, weil Digitalisierung, egal in welcher Organisation, da hast du immer sehr, sehr viel auch externe Berater, Beraterinnen beteiligt, die natürlich auch Know-how reinbringen, die du auch brauchst, rein aus kapazitären Gründen, weil du halt eben viel Projektgeschäft hast, wo aber das Know-how auch schnell wieder abfließen kann und die sind auch einfach relativ teuer und wir geben hier ja Steuergeld aus, deins und meins und das von sehr vielen anderen Leuten und sollten da nicht oder haben da auch die rechtliche Vorgabe richtigerweise, sparsam und wirtschaftlich zu arbeiten und deswegen zu sagen, okay, wir gucken quasi so was nach dem nach dem best of both worlds, also Leute, die vielleicht nicht unbedingt in der Verwaltung arbeiten würden oder auch nicht auf die Idee gekommen sind, die aber halt eben Expertise haben in diesen Feldern, die da auch einen gewissen Drive, einen gewissen Zack haben und gucken, dass wir die in einer Beratungsgesellschaft anstellen können, da halten können, die dann eben an unterschiedlichen Stellen in der Stadt Digitalisierung vorantreiben, auf ganz unterschiedlichen Ebenen, in ganz verschiedenen Projekten, aber eben immer in und für die Stadt, also auch da diese klare Bindung.
Und das macht die DigitalitM und das ist, wie gesagt, also aus meiner Sicht ein ganz großes Erfolgsmodell.

[29:13] Wir haben natürlich deswegen auch immer noch viele andere Beratungsunternehmen in der Stadt im Einsatz, aber die eben so als, ja, auch langfristig bei uns im Boot, das ist, glaube ein kluges Modell.

Torsten:
[29:26] Ich glaube ihr habt ein großes Asset damit mit digital.atm, also nicht nur was den finanziellen Vorteil angeht, sondern ganz einfach auch das Know-how, das bleibt einfach.
In der Stadt und geht nicht mit woanders hin.

Laura:
[29:38] Einfach auch ganz attraktiv für eben Menschen, die entweder aus anderen Beratungsunternehmen kommen und irgendwie ein bisschen klareren Fokus haben wollen oder auch für Leute aus anderen Kontexten, teilweise auch aus der Verwaltung, die sagen, ich möchte aber eigentlich mit mir einen Zahn zulegen oder mich auch persönlich noch mal weiterentwickeln, ist das wirklich ein super Konstrukt.
Und übrigens suchen wir auch immer gute Leute, sowohl für die digital.atm als auch natürlich für die Verwaltung direkt.

Torsten:
[30:05] Also auf dem Blog vom E-Government-Podcast gibt es da jetzt extra eine Jobs-Abteilung.
Also wenn ihr da Jobangebote habt, einfach mal draufklicken und das Formular ausfüllen.

Laura:
[30:15] Sehr gut. Werden wir machen.

Torsten:
[30:17] Genau. Jetzt sind wir ziemlich am Ende schon von meinem Fragenkatalog.
Meine berühmte Frage nochmal an dich. Haben wir was vergessen?
Brennt dir noch was auf den Nägeln, was du unbedingt loswerden möchtest?

Laura:
[30:29] Mir brennt so viel auf und unter den Nägeln. Ich komme gerade hinter meiner To-Do-Liste gar nicht mehr hinterher.
Aber ich glaube, wir haben die großen und wichtigen Themen angeschnitten.
Umgekehrt würde ich sagen, ich freue mich auch immer auf Anregungen, Feedback, Input von Menschen aus München, aber natürlich auch allen anderen.
Wenn ihr Ideen, Anregungen habt, wenn ihr Fragen habt, meldet euch jederzeit herzlich gerne.
Auch das ist mir ein großes Anliegen, da nicht nur Transparenz herzustellen im Sinne von wir senden mehr und zeigen mehr, was wir machen, sondern auch da eine Durchlässigkeit zu schaffen und Beteiligung auf allen möglichen Ebenen zu ermöglichen.

Torsten:
[31:11] Ja, dann vielen, vielen Dank, dass du bei mir im Podcast warst.

Laura:
[31:15] Sehr, sehr gerne.

Torsten:
[31:16] Und euch, liebe Hörerinnen, liebe Hörer, vielen Dank fürs Zuhören und bis zum nächsten Mal. Tschüss.